Kosovare im Glück
Leutrim Mulaj darf in der Schweiz bleiben

Trotz Diebstahl, Verstoss gegen das Waffengesetz und Schulden: Leutrim Mulaj darf in der Schweiz bleiben.
Publiziert: 06.01.2013 um 10:08 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:27 Uhr
«Ich brauchte das Geld für eine Herzoperation meiner Mutter» Leutrim Mulaj
Foto: Paolo Foschini
Von Leo Ferraro

Als SonntagsBlick bei Leutrim Mulaj (26) in St. Gallen klingelt, ahnt er gar nichts von seinem Glück. Der Anwalt hatte noch keine Gelegenheit, ihm das Bundesgerichtsurteil zu überbringen. Dabei trafen die höchsten Richter eine sensationelle Entscheidung: Der Kosovare darf in der Schweiz bleiben. Obwohl er sich einiges hat zuschulden kommen lassen. 

Leutrim Mulaj kam 2008 per Familiennachzug in die Schweiz. Seine Frau Megzona (25), die er im Kosovo kennengelernt hatte, lebte schon länger hier. Der gemeinsame Sohn Ahmet (3) kam in der Schweiz zur Welt. Doch die Integration scheitert. Keine zwei Jahre später hat der Kosovo-Albaner schon mehr als zwei Dutzend Bussen gesammelt. Keine zahlt er, häuft Schulden an, lebt von Sozialgeldern.

Das Migrationsamt droht mit Entzug der Niederlassungsbewilligung, falls Mulaj sich nicht bessert, gibt ihm eine letzte Chance. «Das war ein Riesenschock», sagt er. «Im Kosovo gibt es für uns keine Zukunft. Keine Arbeit. Nichts!» Doch er nutzt seine Chance nicht.

Zweimal klaut er Benzin, bekommt drei Bussen wegen Schwarzfahrens, fährt Auto ohne Fahrausweis. Und wird mit einem Schlagstock erwischt – Verstoss gegen das Waffengesetz. Die Behörden haben genug: Mulaj soll das Land verlassen. «Wir haben gehofft, dass mir die Schweiz doch noch eine Chance gibt», so Mulaj.

Er nimmt sich einen Anwalt. Das Verwaltungsgericht schmettert die Beschwerde ab und attestiert Mulaj «eine bedenkliche Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung, ohne Aussicht auf Besserung». Auch die mittlerweile auf über 20000 Franken angestiegenen Schulden und  die Sozialhilfebezüge stören das Gericht. «Aufgrund der vielen rechtlichen Verfehlungen und der angehäuften Schulden kann nicht von einer gelungenen Integration ausgegangen werden», lautet das Fazit der Richter.

«Ich brauchte das Geld für eine Herzoperation meiner Mutter»

Mulaj zieht den Fall weiter bis vor Bundesgericht. Kurz vor Weihnachten dann der überraschende Entscheid: Leutrim Mulaj darf in der Schweiz bleiben! Der Grund: Eine Wegweisung des jungen Familienvaters sei «unverhältnismässig».

Die Vorinstanz habe insbesondere die Lebenssituation der Ehefrau ungenügend gewichtet. «Ihr wird persönlich nichts vorgeworfen. Es ist unverhältnismässig, von ihr eine Rückkehr in den Kosovo zu erwarten», so die Richter. Sie gewichten den Schutz des intakten Familienlebens höher als das Interesse der Öffentlichkeit an Recht und Ordnung.

«Klar habe ich viel Mist gebaut», sagt der junge Bauarbeiter. Er sei die ersten Jahre in der Schweiz einfach nicht zurechtgekommen, habe laufend Bussen bekommen. «Das waren alles Parkbussen und Geschwindigkeitsüberschreitungen», erzählt Mulaj. «Meine Frau musste mir erst erklären, was ein Radarblitzer ist.»

Aber warum stahl er Benzin? «Wir hatten Geldprobleme», sagt er. «Ich brauchte das Geld, um meiner Mutter im Kosovo eine Herzoperation zu finanzieren.» Heute kann Mulaj sein Glück kaum fassen: «Diese allerletzte Chance werde ich packen. Ganz bestimmt», beteuert er.

Sich in Zukunft gesetzestreu zu verhalten, sei er seiner Familie schuldig – aber auch der Schweiz. «Ich habe begriffen, dass es in der Schweiz Regeln gibt, an die ich mich halten muss. Ich werde sicher keinen Mist mehr bauen», versichert der Kosovoalbaner. «Ich habe auch schon einen Job in Aussicht.»

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