Koranverteilung
Nationalrat will Organisation «Lies!» verbieten

Der Nationalrat will die Organisation «Lies!» verbieten, die in Schweizer Städten Korane verteilt. Er hat am Donnerstag eine Motion des Solothurner SVP-Nationalrats Walter Wobmann angenommen.
Publiziert: 21.09.2017 um 12:20 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:16 Uhr
SVP-Nationalrat Walter Wobmann (SO) hat sich durchgesetzt: Die Mehrheit des Rates will gegen Koran-Verteilaktionen vorgehen und die Organisation «Lies!» verbieten. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Wobmann sagte, die als salafistisch eingestufte Organisation werde mit der Verbreitung von dschihadistischem Gedankengut in Verbindung gebracht. Die Koran-Verteilaktionen dienten dazu, junge Leute zu umwerben und für den Dschihad zu gewinnen. Das gehe weit über die Religionsfreiheit hinaus.

Der Bundesrat teile diese Einschätzung, sagte Wobmann. Warum die Regierung die Motion dennoch ablehne, begreife er überhaupt nicht. Die Mehrheit des Nationalrates war mit ihm einig: Der Rat hiess den Vorstoss mit 109 zu 64 Stimmen bei 9 Enthaltungen gut. Nun ist der Ständerat am Zug.

Verteidigungsminister Guy Parmelin erklärte die Ablehnung des Bundesrates damit, dass die gesetzlichen Grundlagen für ein Organisationsverbot ungenügend seien. Der Bundesrat hatte schon in seiner schriftlichen Antwort auf den Vorstoss angekündigt, er wolle den entsprechenden Artikel im Nachrichtendienstgesetz rasch ändern.

Verbot muss sich auf UNO- oder OSZE-Beschlus stützen

Gemäss dem heute geltenden Gesetzesartikel kann der Bundesrat eine Organisation oder Gruppierung verbieten, die terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten propagiert, unterstützt oder in anderer Weise fördert und damit die innere oder äussere Sicherheit konkret bedroht. Ein Verbot muss sich aber auf einen entsprechenden Beschluss der UNO oder der OSZE stützen. Im Fall von «Lies!» fehlt ein solcher Beschluss.

Orgnaisationsstruktur muss nachweisbar sein

Problematisch am Organisationsverbot ist aus Sicht des Bundesrates auch, dass dafür eine Organisationsstruktur nachgewiesen werden muss. Bereits heute möglich ist ein Tätigkeitsverbot für Personen, die sich an Koranverteilaktionen beteiligen, wenn dadurch eine Bedrohung der Sicherheit entsteht und die Tätigkeit dazu dient, terroristische Umtriebe zu propagieren oder in anderer Weise zu fördern.

Der Nachrichtendienst prüft, ob Personen diese Voraussetzungen erfüllen und beantragt gegebenenfalls Verbote. Kantonale und kommunale Behörden wiederum können die polizeiliche Bewilligung für Standaktionen verweigern. Der Bundesrat unterstützt das.

Parmelin wies im Rat aber auch darauf hin, dass Koran-Verteilaktionen für sich alleine genommen keine Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz darstellten. Die Meinungsäusserungs- und Religionsfreiheit sowie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit seien verfassungsmässig geschützte Rechte.

In der Debatte über den Vorstoss kam auch die jüngste Entwicklung zum Islamischen Zentralrat zur Sprache. Die Bundesanwaltschaft gab am Donnerstag bekannt, dass sie gegen drei Vorstandsmitglieder des Vereins Anklage erhoben hat. Sie wirft ihnen vor, mit einem Film gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Kaida» und «Islamischer Staat» verstossen zu haben.

Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) fragte Parmelin, ob der Bundesrat nun bereit sei, den Islamischen Zentralrat zu verbieten. Der Verteidigungsminister antwortete, der Anklage seien lange Abklärungen vorausgegangen. Der Bundesrat verfolge die Entwicklungen und sei gegebenenfalls bereit, ein Verbot zu prüfen. «Wir haben alle dasselbe Ziel», betonte er.

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