Kommentar zum Urteil im Rocker-Prozess
Keine Parallelwelten

Kriminelle Mitglieder von Rocker-Klubs hatten vor Gericht oft gute Karten. Im Prozess um den Berner Rockerkrieg ist das anders. Die Knast-Strafe für den Hauptbeschuldigten ist eine wichtige Botschaft, kommentiert Flavio Razzino, stellvertretender Leiter News.
Publiziert: 01.07.2022 um 00:35 Uhr
Flavio Razzino, stellvertretender Nachrichtenchef bei Blick.
Foto: Blick/Thomas Meier

Konsequenzen! Genau davor mussten sich Rocker-Gangs nicht gross fürchten. Kaum ein Prozess gegen kriminelle Mitglieder der Hells Angels, der Bandidos und anderer Gruppierungen hatte in der Vergangenheit harte Strafen zur Folge. Ein krasses Beispiel war etwa der Prozess im Jahr 2016 um die «Schlacht von Ehrendingen», bei der sogar Schusswaffen im Spiel waren. Er endete im Freispruch für alle Beschuldigten.

Durch eisernes Schweigen der Gang-Mitglieder standen die Strafverfolgungsbehörden fast immer vor demselben Problem: Sie wussten zwar, dass Kriminelle Kriminelles getan hatten – bloss beweisen liess es sich nicht.

Kein Wunder, glauben Mitglieder von Rocker-Klubs, sie würden in einer Parallelwelt leben. Dort gelten zwar auch Gesetze – aber ihre eigenen. Und diese stellen sie über jene, nach denen sich die Allgemeinheit richtet.

Das Urteil im Prozess zum Belper Rocker-Krieg ist deshalb auch eine wichtige Botschaft des Rechtsstaats in diese Szene.

Dass das Gericht den einen Hauptbeschuldigten zu acht Jahren Gefängnis verurteilt, weil er den Tod eines Menschen in Kauf nahm, rückt die Verhältnisse ins richtige Licht. Und die acht Monate Gefängnis für den zweiten Hauptbeschuldigten sind gar ziemlich hart: Obschon man ihm «nur» eine Schlägerei nachweisen kann, zeigt das Gericht: Dicker Töff, Gang-Mitgliedschaft und Gewaltbereitschaft beeindrucken die Justiz nicht.

Wer Kriminelles tut, muss dafür gerade stehen. Ob Rocker oder gewöhnlicher Töfflibub.

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