Praktisch sein ganzes Leben war Hanspeter Guggenbühl (†72) auf zwei Rädern unterwegs. Am Mittwoch vergangener Woche sitzt er zum letzten Mal auf seinem Rennvelo. Mit einer Kollegin unternimmt der Journalist und Autor eine Tour im Kanton Waadt. Plötzlich taucht vor ihm ein Töff-Fahrer (21) auf, der auf die Gegenfahrbahn geraten ist – Frontalcrash!
Guggenbühl stirbt noch an der Unfallstelle. Für seine Freunde aus dem Velogrüppli ist sein Tod ein Schock. Als Kollege Martin Born vom Crash erfuhr, war er selbst auf einer Ausfahrt. Zu Blick sagt er: «Ich dachte mir noch, gopf, das kann jedem passieren.» Erst später erfuhr er, dass der Verstorbene sein Freund Guggenbühl war, mit dem er seit 1984 durch die Bergen tourte.
Born sagt, man nehme beim Velofahren immer ein Risiko in Kauf. Doch in den letzten Jahren sei die Situation auf Passstrassen gefährlicher geworden. Am Wochenende oder zur Hauptsaison seien viele Töfffahrer unterwegs. «Da traut sich ein vernünftiger Velofahrer gar nicht mehr auf die grossen Pässe», sagt Born.
Töfffahrer überschätzen sich
Immer wieder habe er brenzlige Situationen erlebt. Born: «Einigen Töfffahrern ist gar nicht bewusst, dass sie auf einer Waffe sitzen.»
Fast eine halbe Million Motorräder sind hierzulande eingelöst. Vergangenes Jahr kamen mehr Neulenker dazu als je zuvor: Ab 2021 müssen Neulenker erst zwei Jahre lang ein Motorrad mit maximal 35 kW (48 PS) fahren, bevor sie die «grosse» Motorradprüfung absolvieren können.
Die Zunahme ist auch Marc Locatelli, einem weiteren Velokollegen von Guggenbühl, aufgefallen. Er habe bisher immer Glück gehabt: «Aber Passfahrten an einem Wochenende sind für Velofahrer fast nicht mehr möglich.» Guggenbühl war zur falschen Zeit am falschen Ort. Er verunglückte an einem Mittwoch, bei weniger Verkehr als an Frei- und Feiertagen.
«Wir steigen wieder aufs Rad»
Seinen Kollegen bleibt er als topfitter, diskussionsfreudiger Weggefährte in Erinnerung. Locatelli erzählt von einer Tour im Schwarzwald 2010: Bei einem Zwischenstopp hätten sie sich verquatscht, seien danach der verlorenen Zeit hinterhergerast. «Hanspeters Augen leuchteten, so schnell war er noch nie zuvor gefahren.»
Bei einer Tour durch die Pyrenäen sei Guggenbühl einmal gestürzt und habe sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Der Helikopter musste ihn holen. Kollege Born: «Später haben wir gewitzelt, dass unser sonst so grüner Hanspeter mit diesem Unfall sein ökologisches Budget für ein ganzes Jahr aufgebraucht hatte.»
Zum Tod von Hanspeter Guggenbühl hat die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung eingeleitet. Für seine Kollegen ist trotz des Schocks klar: «Wir steigen wieder aufs Velo.»