Kokser haben immer genug «Schnee»
Kokainfunde lassen den Drogenmarkt kalt

Innerhalb von wenigen Wochen hat die Polizei einmal 191 und einmal 150 Kilogramm Kokain gefunden. Doch der Drogenmarkt reagiert kaum auf die beschlagnahmten Rekordmengen und Erfolgsmeldungen.
Publiziert: 30.12.2015 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:10 Uhr
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Diese 150 Kilo Kokain lagen im November in einem Tiefkühlcontainer im Basler Rheinhafen.
Foto: Stawa BS

Das Kokain, das im Oktober in einer Kaffeelieferung aus Brasilien im Hafen von Birsfelden BL gefunden wurde, wies einen Reinheitsgehalt von 90 Prozent auf und hatte einen Marktwert von rund 70 Millionen Franken. Die 150 Kilo, die Ende November in einem Tiefkühlcontainer aus Ecuador auf einem Rheinschiff entdeckt worden waren, hätten auf dem Markt wohl an die 45 Millionen Franken gebracht.

Trotz der Schlagzeilen seien die Drogenfunde weder aussergewöhnlich noch häuften sie sich, erklärt Olivier Guéniat, Chef der Neuenburger Kriminalpolizei und Experte in der Betäubungsmittelbekämpfung. Und vor allem hätten die Funde nur geringe Auswirkungen auf den Drogenhandel. Die Nachfrage werde immer gestillt.

8 Tonnen Koks pro Jahr

Jährlich werden in der Schweiz schätzungsweise acht Tonnen Kokain konsumiert, wie Forscher der Universität Lausanne nach Abwasserproben in den grössten Schweizer Städten errechneten. Die Beschlagnahmung von normalerweise unter 500 Kilogramm Kokain pro Jahr machen also weniger als 10 Prozent der konsumierten Droge aus.

«Wir haben jüngst eine kriminelle Organisation ausgehoben, die jede Woche Genf, aber auch Lausanne, Bern und Basel mit jeweils rund 20 Kilo Kokain belieferte», erklärt Guéniat. Die Polizeien hätten danach aber keine Veränderung auf dem Kokainmarkt festgestellt.

Die Dealer seien nicht hierarchisch organisiert. Von einer Beschlagnahmung, auch von grossen Mengen, sei jeweils nur ein kleiner Kundenstamm betroffen. Dieser könne sich sofort umorientieren, erklärt Guéniat die Gleichgültigkeit des Kokainmarkts.

Guéniat beobachtet seit den Nullerjahren einen relativ stabilen Kokainkonsum. Rund 2,7 Prozent der Bevölkerung zwischen 15 bis 24 Jahren ist demnach dem weissen Pulver verfallen. Kokain hat damit das Heroin abgelöst. Es passe auch besser in den Zeitgeist der 24-Stunden-Gesellschaft. Zugleich sei die Droge auch für alle erschwinglich geworden.

Crystal Meth auf dem Vormarsch

Sorgen bereitet auch eine andere Droge, auch wenn ihr Konsum noch marginal ist: Crystal Meth. Sie ist präsent, wo Prostituierte aus Thailand ihre Dienste anbieten. Die jungen Frauen bringen die Pillen von zuhause mit in die Schweiz, weiss Guéniat.

Und Spitzenreiter beim Crystal-Meth-Konsum ist nicht etwa die Partystadt Zürich, sondern Neuenburg, wie aus der Studie der Universität Lausanne hervorgeht. Im Abwasser der Stadt wurden 33,4 Milligram Methamphetamine pro 1000 Einwohner festgestellt. Zürich folgt auf Platz zwei mit 21,8 Gramm.

Gemäss Guéniat verbreitet sich die hochgradig süchtig machende Droge da, wo Thai-Massagesalons zu finden sind: Neben Neuenburg sind dies Solothurn, Olten, Biel, Basel, Luzern, St. Gallen und Zürich. Gemäss Guéniat wird die Droge unter anderem im Süden Deutschlands in illegalen Labors hergestellt. Der Kriminalbeamte erwartet schon bald erste Labors auch in der Schweiz.

Er beklagt die fehlende kantonsübergreifende Zusammenarbeit in der Schweiz. Jeder Kanton führe seinen eigenen Kampf gegen den Drogenhandel. «Wir haben hier keine nationale Politik.» Dadurch würden Geldmittel verschwendet, Informationen nicht geteilt und Effizienz fehle. Zudem fehle es an Personal. (SDA)

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