Dass der Weltenbürger Kofi Annan am Samstagmorgen ausgerechnet in einem Berner Spital verstorben ist, kann kein Zufall sein. Geboren 1938 in der Stadt Kumasi im heutigen Ghana, lancierte Annan in der Schweiz seine internationale Karriere.
Anfang der 60er-Jahre kam der junge Annan nach Genf, wo er am Hochschulinstitut für interationale Studien studierte. Unmittelbar danach stieg er bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – auch sie ist in Genf zuhause – als Verwaltungsbeamter ein. Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn wird Annan 1996 als erster Schwarzafrikaner zum Generalsekretär der Uno in New York gewählt – einstimmig.
Schweiz hatte Beobachter-Status
Für die Schweiz eine schicksalhafte Wahl. Als einziges souveränes Land der Welt war sie damals kein Teil der Vereinten Nationen, hatte bloss «Beobachter-Status». Aus historischen Gründen: Die neutrale Schweiz wollte während des Kalten Kriegs nicht zwischen die Fronten geraten.
Dem stets freundlich blickenden Annan gelang es derweil, das Vertrauen in die Uno wiederaufzubauen. Als er das Amt des Generalsekretärs übernahm, war die Uno verkrustet, der Ruf nach dem Jugoslawienkrieg ramponiert. Das Nichtmitglied Schweiz umgarnte er. 2000 fragte er den damaligen Bundespräsidenten Adolf Ogi, ob dieser ihm sein Land zeigen könnte. Ogi tat das gerne.
Erbitterter Abstimmungskampf
Anderthalb Jahre später kam es in der Schweiz zur grossen Uno-Beitrittsabstimmung. Ihr gingen erbitterte Debatten voraus. Die Gegner warnten vor dem Verlust der Schweizer Neutralität. Schliesslich behielten die progressiven Kräfte die Oberhand: Das Volk sagte mit 54,6 Prozent Ja. Das Ständemehr kam mit 12 zu 11 nur knappstmöglich zustande.
Annan hielt sich aus dem Abstimmungskampf weitgehend heraus. Dennoch war das Ja der Schweiz für ihn ein Erfolg. Seine konziliante Art und seine Ablehnung des Irak-Kriegs 2003 dürften wesentlich zur Uno-freundlichen Stimmung beigetragen haben. Im September 2002 nahm Annan die Schweiz als 190. Mitglied der Uno in New York feierlich auf.
2001 erhielt Annan den Friedensnobelpreis. 2002 wurde er Ehrenbürger von Genf. Dort lebte er zusammen mit seiner Schwedischen Frau Nane, nachdem ihn der Südkoreaner Ban Ki-moon 2007 als Uno-Generalsekretär abgelöst hatte.
Vor vier Monaten wurde er 80
Im April feierte Annan seinen 80. Geburtstag in Genf. Mit dabei war auch alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (73). Sie erfährt von SonntagBlick vom Tod Annans – und ist sprachlos. Sie sagt: «Die Schweiz hat einen Freund verloren.»
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