Angst, Selbstaggression wie Ritzen und psychische Erkrankungen. Die aktuellen Auswertungen der Notrufnummer 147 zeigen, dass sich immer mehr Jugendliche mit schwerwiegenden persönlichen Problemen an die Beratungsstelle von Pro Juventute wenden. Einer von vielen Gründen: Der ständige Vergleich mit anderen auf sozialen Medien.
«Chats, in denen über extreme Ansichten und Themen gesprochen wird, sind problematisch», sagt Patric Raemy von Pro Juventute. Dort sei es schwierig, die Jugendlichen zu erreichen. «Gerade Anorexie-Foren sind ein extremes und problematisches Beispiel.»
Körperkult und Lifestyle: Kindern und Jugendlichen werden Schönheitsideale vermittelt – überall. Doch im Unterschied zu den anderen Medien seien die Darstellungen in sozialen Netzwerken viel realistischer. Sie ermöglichen einen direkten Vergleich mit Schulfreunden, Nachbarskindern und Bekannten.
«Durch die Kommentare und Bewertungen, welche die anderen User abgeben, wird den Kindern und Jugendlichen gezeigt, wer schön ist. Es wird dann auch klar, dass der Junge mit Sixpack mehr Likes erhält als der Junge mit dem schönen Portraitbild und das schlanke Mädchen im Bikini bessere Kommentare erhält als das Mädchen, welches einen interessanten Text geschrieben hat», sagt Raemy.
Der Druck durch solche Idealbilder sei enorm gross. «Wichtig ist, dass Kinder schon früh sensibilisiert und in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden. Eltern sind Vorbilder für Kinder und Jugendliche. Wenn eine vielfältige Freizeitgestaltung und Mediennutzung vorgelebt wird und die Eltern ihren eigenen Körper akzeptieren, wird sich dies positiv auf ihre Kinder auswirken.»
Keine Kontrolle über Sex-Bilder und Videos
Auch der Austausch über sexuelle Themen via SMS oder Whatsapp könne problematisch sein. Das Riskante an Sexting sei, dass man keine Kontrolle darüber habe, was der Empfänger mit Bildern oder Videos tue. Was, wenn er sie weiterverbreitet? «Wichtig ist, dass Betroffene sofort reagieren und erwachsene Personen mobilisieren», rät Raemy. Bilder von anderen Personen ohne deren Erlaubnis zu verbreiten, sei eine Straftat. Insbesondere, wenn die abgebildete Person minderjährig ist oder mit den Bildern erpresst wird.
Ein weiteres Problem ist Cyber-Mobbing. Hänseleien unter Jugendlichen sind zwar nicht neu. Immer häufiger werden Jugendliche aber nicht nur auf dem Pausenplatz, sondern auch im virtuellen Raum schikaniert. «Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche verstehen, dass fiese Scherze und böse Kommentare auch online für andere sehr verletzend sein können.»
Zudem würden durch Cyber-Mobbing teilweise auch Gesetze gebrochen, sagt Raemy. Wichtig sei, dass Kinder und Jugendliche sich Gedanken darüber machen, wer ihnen in einer solchen Situation helfen könnte. «Wir empfehlen den Jugendlichen, sich unbedingt Hilfe zu holen. Bei Eltern, Lehrpersonen, Schulsozialarbeitern, der Notrufnummer 147 und je nach Fall auch bei der Polizei.»