Der 26. Mai 2021 sitzt den Europapolitikern noch in den Knochen. An jenem Tag beendete der Bundesrat die Verhandlungen mit der EU über ein institutionelles Rahmenabkommen (InstA) mit einem Paukenschlag.
Jetzt sollen die Geschäftsprüfer des Parlaments das Manöver durchleuchten: Auf welcher juristischen und auf welcher faktischen Entscheidungsgrundlage kam es zu diesem Entscheid?
In der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Nationalrats, die am 24.Juni zusammentritt, wird ein entsprechender Antrag eingereicht. Urheber ist der Grünen-Nationalrat Nicolas Walder. «Die Geschäftsprüfungskommission soll den Entscheid des Bundesrats auf seine Recht- und Verfassungsmässigkeit hin untersuchen», erklärt der Genfer gegenüber SonntagsBlick.
Allerdings berufen sich auch die Gegner des InstA auf die Verfassung: Die sieht ein Recht der Landesregierung vor, völkerrechtliche Verhandlungen abzubrechen – wie passt das mit Walders Vorstoss zusammen?
Weitere Vorstösse in Planung
«Im Parlamentsgesetz heisst es, dass die Bundesversammlung die Entwicklung der internationalen Lage verfolgt und an Entscheidungsprozessen in wichtigen aussenpolitischen Fragen teilnimmt», kontert Walder. Der Legislative werde ein Mitwirkungsrecht bei weitreichenden Beschlüssen wie dem Rahmenvertrag garantiert.
War der Coup vom 26. Mai also verfassungswidrig? Es gebe zumindest «gute Gründe», an der Gesetzmässigkeit des «einseitig getroffenen Bundesratsentscheides» zu zweifeln, ist Walder überzeugt. Weshalb es nötig sei, dass die GPK diese Fragen gründlich kläre. Sein Anliegen hat in der APK, einem traditionell europafreundlichen Gremium, beste Chancen. Support aus den eigenen Reihen, aber auch von Bürgerlichen, sei ihm gewiss, so Walder.
Von APK-Mitgliedern sind auch weitere Vorstösse in Planung: Die Regierung soll gezwungen werden, dem Parlament nach dem Scheitern des Abkommens eine Strategie vorzulegen, wie man das Land künftig in den EU-Binnenmarkt und in die europäische Forschung integriert. Das Tauziehen zwischen Volksvertretern und Regierung wird also andauern.
Ein Akteur indes hat sich bislang nicht offiziell zum Entscheid des Bundesrats geäussert: die Europäische Union. Am Donnerstag wird Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Europäischen Parlament erstmals dazu Stellung nehmen, am Tag der APK-Sitzung.
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