Die Klimaseniorinnen ziehen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Dort wollen sie ihre Rechte durchsetzen. Unterstützt werden sie von der Umweltorganisation Greenpeace. Der Entscheid sei im Verein mit grosser Mehrheit gefallen. Die Schweizer Klimaklage sei am Gerichtshof eine der ersten ihrer Art und könne zu einem Präzedenzfall für ganz Europa werden.
In einem Schreiben vom Oktober 2016 an den Bundesrat hatten die Klimaseniorinnen und mehrere Einzelpersonen verschiedene Unterlassungen der Behörden im Bereich des Klimaschutzes gerügt. Sie forderten deshalb, zusätzliche Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen einzuleiten.
Hitze-Sommer töten Senioren – Klimakrise sei schuld
Die aus der ganzen Schweiz stammenden Seniorinnen hatten unter anderem argumentiert, die Versäumnisse im Klimaschutz führten zu häufigeren, längeren und intensiveren Hitzeperioden. Und vor allem ältere Frauen seien aus physiologischen Gründen einem viel höheren Risiko hitzebedingter Gesundheitsschäden ausgesetzt. Viele Menschen seien bereits daran gestorben.
Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) war nicht auf die Beschwerde eingetreten. Es gab zu bedenken, dass die Klimaseniorinnen nicht klageberechtigt seien.
Klima-Seniorinnen seien nicht klageberechtigt
Auch die Gerichte liessen die Argumentation der älteren Frauen nicht gelten. Seniorinnen seien nicht die einzige Bevölkerungsgruppe, die von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen seien. Insofern bestehe keine besondere Beziehungsnähe der Seniorinnen.
Die Anliegen der Beschwerdeführerinnen seien nicht auf dem Rechtsweg, sondern mit politischen Mitteln durchzusetzen. Gerichtlichen Schutz für die Seniorinnen sieht das Bundesgericht erst, wenn die Folgen des Klimawandels unabwendbar sind.
«Wir wurden dreimal nicht ernst genommen»
Die Klimaseniorinnen geben sich damit aber nicht zufrieden. «Wir wurden dreimal nicht ernst genommen, nie wurde inhaltlich auf die Problematik eingegangen», sagte Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der Klimaseniorinnen, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Sie sei entsetzt darüber, dass der Staat nicht präventiv tätig werden wolle.
In einem offenen Brief an den Bundesrat erläutern die Seniorinnen erneut, warum sie in Strassburg Beschwerde gegen die Schweiz einlegen. Sie fordern Bundesrat und Behörden dazu auf, «beim Klimaschutz endlich so viel zu tun, wie es braucht, um uns heute schon Betroffenen sowie auch die zukünftig Lebenden genügend schützen zu können».
Mit Segelschiff von Basel nach Strassburg
Das vor zwei Wochen vom Parlament verabschiedete CO2-Gesetz bezeichnete Wydler-Wälti als ungenügend. Ein Referendum dagegen unterstütze sie aber aus strategischen Gründen nicht. Sie fordere die Politik aber auf, die Abgaben auf Treibstoffe stärker zu erhöhen, ein Kontingentsystem für Flüge einzuführen oder eine Offensive in Sachen Solarstrom zu starten.
Um das Anliegen der Klimaseniorinnen zu unterstreichen, wird das Greenpeace-Segelschiff Beluga einzelne Seniorinnen auf dem Rhein von Basel nach Strassburg begleiten. Mit der Schifffahrt und der Übergabe am Gerichtshof bekomme der Schweizer Fall internationale Bedeutung.
Greenpeace unterstützt nach eigenen Angaben weltweit verschiedene Klimaklagen – etwa auf den Philippinen, in Deutschland oder in Portugal. Mit dem juristischen Mittel soll die Politik aufgeweckt werden, im Kampf gegen den Klimawandel vorwärtszumachen. (euc/SDA)