Die Gründe für das massive Abschmelzen sind einerseits wenig Schnee im Winter und andererseits anhaltende Hitzewellen im Sommer. Das jetzige Ausmass übertrifft die bisherigen Rekorde aus dem Hitzesommer 2003 deutlich, wie es im Bericht der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) heisst, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Die Gletscher haben demnach in diesem Jahr rund drei Kubikkilometer Eis verloren. Das sind mehr als sechs Prozent des verbleibenden Volumens. Bislang bezeichnete man schon Jahre mit zwei Prozent Eisverlust als «extrem».
Besonders einschneidend bei den Kleinen
Besonders einschneidend war der Verlust für kleine Gletscher: Der Pizolgletscher im Kanton St. Gallen, der Vadret dal Corvatsch in Graubünden und der Schwarzbachfirn in Uri sind nahezu verschwunden.
Im Engadin und im südlichen Wallis wiederum verschwand auf 3000 Metern eine Eisschicht von vier bis sechs Metern Dicke. Das ist teilweise mehr als doppelt so viel wie das bisherige Maximum. Selbst an den allerhöchsten Messpunkten wie am Jungfraujoch wurden deutliche Verluste gemessen.
Saharastaub verschärft das Problem
Der mittlere Eisdickenverlust liegt in allen Regionen bei rund drei Metern. Beobachtungen zeigen laut SCNAT, dass viele Gletscherzungen zerfallen und dass Felsinseln aus dem dünnen Eis inmitten des Gletschers auftauchen. Diese Prozesse beschleunigten den Zerfall weiter.
Die Schneehöhe in den Alpen war im Frühjahr so gering wie noch selten, vor allem im Süden der Schweiz. Hinzu kamen grosse Mengen an Saharastaub zwischen März und Mai. Der verunreinigte Schnee nahm mehr Sonnenenergie auf und schmolz schneller.
Schneedecke verschwindet früher
Damit verloren die Gletscher den schützenden Schnee bereits im Frühsommer. Die anhaltende, teils massive Hitze zwischen Mai bis Anfang September verminderte deshalb das Gletscher-Eis.
Das Einschneien erfolgte im Winter 2021/22 für die meisten Gletscher Anfang November, was der Norm entspricht. Allerdings verschwand die Schneedecke auf allen Höhenstufen rund einen Monat früher als üblich.
Stauseen in zwei Monaten gefüllt
Gerade in heissen und trockenen Jahren seien Gletscher wichtig für den Wasserhaushalt und die Energieversorgung, betont die Akademie der Naturwissenschaften. Das zeige die Entwicklung der Schmelze. Allein die Eisschmelze im Juli und August hätte demnach genügend Wasser geliefert, um sämtliche Stauseen der Schweiz Alpen von null auf zu füllen.
Der SCNAT gehören nach eigenen Angaben 35'000 Expertinnen und Experten an, dies sich regional, national und international für die Zukunft von Wissenschaft und Gesellschaft einsetzen. Die SCNAT ist Teil des Verbundes der Akademie der Wissenschaften Schweiz. (SDA)