Kurz nach 21 Uhr eröffnete der französische Aussenminister Laurent Fabius eine Sitzung des sogenannten Paris Komitee und legte den seit Konferenzbeginn nunmehr dritten Entwurf für ein Klima-Abkommen vor. Er gab den 195 Länderdelegationen bis 23.30 Uhr Zeit für Einzelberatungen. Dann sollte die Nachtsitzung beginnen.
Dafür sah die französische Konferenzleitung für ein schnelleres Vorankommen die Form «indaba» vor, die 2011 in Durban eingeführt worden war. Das Zulu-Wort «indaba» (auf deutsch etwa «Palaver») benennt hier eine Verhandlungsform mit Delegationen, die sich auf die Leitung und noch höchstens zwei Mitarbeiter beschränken.
Der neueste Entwurf sei noch einmal kürzer geworden. Die noch offenen Themenkreise seien weiterhin die Klimafinanzierung, das Fernziel der höchstens zu erreichenden Erderwärmung und die Aufteilung der Lasten auf alle Länder, je nach ihren Kapazitäten. «Wir sind extrem nahe an einem Abkommen», sagte Fabius. Es gehe jetzt nicht mehr um das beste für jeden einzelnen, sondern das beste für alle.
«Es ist Zeit abzuschliessen», appellierte Fabius an die Verhandlungsdelegationen. Er wolle am Freitag dem Paris Komitee den Schlusstext für ein Klima-Abkommen unterbreiten. Jetzt müsse der Text entstehen, auf den die Welt warte, sagte Fabius. Nach rund zehn Minuten war die Sitzung beendet, und die Delegationen nahmen ihre Arbeit wieder auf. Bereits in der Nacht auf Donnerstag waren die Verhandlungen im Gange, dannzumal noch an der zweiten Version des Vertragsentwurfs.
Bei den bisherigen Verhandlungen waren Vorbehalte vor allem von grossen Schwellenländern wie Indien, China, Malaysia oder Saudi-Arabien gekommen. Sie beharrten auf einem Festhalten an der Trennung von Industrie- und Entwicklungsländern. Damit würden sie weiterhin von grösseren Verpflichtungen finanzieller Art oder auch von der Senkung des Treibhausgasausstosses ausgenommen.
Bundesrätin Doris Leuthard, die am Donnerstag wieder zum Schweizer Verhandlungsteam in Paris stiess, sah gerade Schwellenländer wie Singapur, Malaysia oder Saudi-Arabien in der Pflicht. Malaysia etwa habe drei Mal höhere Treibhausgasemissionen als die Schweiz, gab die Umweltministerin zu bedenken.
Es sei an der Zeit, dass die Minister die Verhandlungen mit den nötigen politischen Entscheiden jetzt zu Ende führten, sagte Leuthard vor den Medien. Die Schweiz schloss sich am Donnerstag einer Verhandlungskoalition an, der die EU, die USA, Mexiko, Norwegen sowie die kleinen Inselstaaten in Pazifik und Atlantik und Länder Afrikas angehören.
Es zeichnete sich ab, dass unter dem steigenden Zeitdruck ein Abkommen entstehen könnte, das unter den Erwartungen gewisser Delegationen wäre. «Viele Optionen überschreiten unsere roten Linien», sagte etwa die luxemburgische Umweltministerin Carole Dieschbourg als Vertreterin der EU-Ratspräsidentschaft am Rande der Beratungen.
Vor der Präsentation des dritten Entwurfs war auch die Zeit vor Inkrafttreten des Vertrags, also von 2016 bis 2020 umstritten. Dabei geht es etwa um den Starttermin und die Verfahren für die Nachbesserung nationaler Pläne zur Senkung der Emissionen.
Unter anderem die EU dringt darauf, mit den Überprüfungen möglichst vor dem Jahr 2020 zu beginnen. Aber auch viele Nichtregierungsorganisationen betonten die Bedeutung, schon vor 2020 mit der Nachbesserung der Klimaziele zu beginnen und für die Klimafinanzierung klare Regeln schon vor Inkrafttreten des Abkommens festzusetzen.
Die zähen Verhandlungen veranlassten den französischen Präsidenten François Hollande am Donnerstag, die Unterhändler «daran zu erinnern, warum sie hier sind». Sie verhandelten «nicht nur im Namen ihrer Länder, sondern sie sind hier, um die Zukunft des Planeten zu sichern», sagte Hollande in Paris. Und Greenpeace-Sprecher Kumi Naidoo ermahnte die Delegationen: «Stoppt den Polit-Poker mit der Zukunft unserer Kinder».