Kita-Kinder haben einen tieferen IQ als solche, die zu Hause erzogen werden: Das glaubt zumindest der frühere SVP-Politiker Toni Bortoluzzi (71). Der Verein Schutzinitiative, dessen Präsident Bortoluzzi ist, hat eine Broschüre herausgebracht, in der vor gravierenden Folgen bei der Fremdbetreuung von Kindern gewarnt wird.
«Kinderkrippen reduzieren IQ des Kindes», lautet ein Titel in der Broschüre. Machen Kinderkrippen wirklich dumm? BLICK sprach mit dem Psychologen Allan Guggenbühl (66) über die Anti-Kita-Broschüre. «Ob jemand eine hohe oder eine niedrige Intelligenz entwickelt, lässt sich nicht auf einen einzigen Faktor zurückführen», sagt Guggenbühl. «Dass Kinderkrippen dumm machen, stimmt inhaltlich nicht.»
«Es kommt auf familiäre Umstände und Charakter an»
Dabei sei er Kinderkrippen gegenüber selbst durchaus kritisch eingestellt, erklärt Guggenbühl. «Es gibt Kinder, für die eine solche Betreuung schlecht ist. Aber gleichzeitig kann sie für andere Kinder gut sein. Es kommt auf die familiären Umstände und den Charakter des jeweiligen Kindes an.»
Der Verein Schutzinitiative beruft sich bei seinen Behauptungen auf eine «anerkannte Studie aus Italien», wie Bortoluzzi erklärt. «Ich bin ein konservativer Grossvater. Die Betreuung durch die Eltern und die Werte der Familie können für mich durch nichts ersetzt werden.»
«Kontinuität der Bezugspersonen ist wichtig»
Guggenbühl bestätigt, dass eine gute persönliche Beziehung zu den Erziehenden zentral ist für die Entwicklung der Kinder. Diese muss dem Psychologen zufolge aber nicht zwingend und ausschliesslich durch die Eltern gewährleistet sein. «Problematisch können Krippen dann sein, wenn für die Kinder klare Bezugspersonen fehlen. Die Kontinuität der Bezugspersonen ist wichtig.»
Fest steht: In der heutigen Zeit haben viele Eltern schlicht gar keine andere Wahl, als ihre Kinder in einer Kinderkrippe betreuen zu lassen. «Die Kampagne des Vereins Schutzinitiative scheint mir ein Schnellschuss zu sein. Sie kommt mir unsachlich vor», sagt Guggenbühl.
«Kinderkrippen sind schlicht notwendig. Es geht ja auch nicht, dass die Kinder gar nicht betreut werden.» Guggenbühl vergleicht die Situation mit dem Autofahren. Da müsse man ja auch auf den Verkehr achten, obwohl es schöner wäre, einfach vor sich hinzuträumen.
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