Die Immunitätskommission des Nationalrats ist am Montagabend nicht auf das Gesuch um Aufhebung der Immunität von Nationalrat Schwander eingetreten. «Sie sieht keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den erhobenen Vorwürfen und der amtlichen Stellung oder Tätigkeit von Schwander», sagte Kommissionspräsident Gerhard Pfister (CVP/ZG) der Nachrichtenagentur sda.
Mitglieder der eidgenössischen Räte geniessen Immunität nur für Taten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Amt stehen. Ein Strafverfahren kann in diesen Fällen nur mit Ermächtigung der zuständigen Parlamentskommissionen eingeleitet werden.
Bei Schwander liegt der Fall anders. «Die strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe haben nicht wir, sondern die Justiz zu beurteilen», sagte Pfister.
Eine Kommissionsmehrheit hat laut Communiqué darauf hingewiesen, dass die Immunitätsbestimmungen erst 2011 revidiert worden seien. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, das Strafverfolgungsprivileg restriktiver anzuwenden und den Schutzbereich der relativen Immunität enger zu fassen.
Es sei daher nicht jegliche im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Mandat stehende Handlung geschützt. Vielmehr müsse eine enge Verbindung zwischen den vorgeworfenen Handlungen und der amtlichen Stellung oder Tätigkeit vorliegen. Dies sei im Fall Schwander nicht gegeben.
«Würde im vorliegenden Fall ein unmittelbarer Zusammenhang angenommen, wären in Zukunft kaum mehr Konstellationen denkbar, in denen dieser verneint werden könnte.» Eine derart weitgreifende Auslegung der parlamentarischen Immunität würde nach Ansicht der Kommission deren Glaubwürdigkeit schaden.
Fällt die Rechtskommission des Ständerats am 24. Oktober den gleichen Entscheid - also Nichteintreten auf das Gesuch um Aufhebung der Immunität -, ist die Einleitung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft möglich. Sollte die Ständeratskommission einen abweichenden Beschluss fällen, würde das Geschäft zur Differenzbereinigung an die Immunitätskommission des Nationalrats zurückgehen. Der Entscheid der erstberatenden Kommission fiel mit fünf zu drei Stimmen bei einer Enthaltung.
Die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland ermittelt gegen Schwander wegen Gehilfenschaft zur Kindesentführung. Offenbar hat der Schwyzer eine im Ausland untergetauchte Bielerin, die ihr Kind vor der KESB versteckte, finanziell unterstützt.
Der Fall ist bereits seit längerem bekannt: Im Oktober 2015 wollte eine Mutter ihre damals anderthalbjährige Tochter nicht wie vereinbart ins Heim zurückbringen. Stattdessen tauchte sie mit dem Kleinkind monatelang unter. Im Juni 2016 wurde sie in Frankreich aufgespürt, seither befindet sie sich in Untersuchungshaft.
Der Frau aus Biel liess Schwander offenbar über deren Anwalt 7000 Franken zukommen, als sie auf der Flucht durch Südeuropa war. Durch seine Unterstützung hat sich Nationalrat Schwander möglicherweise strafbar gemacht.
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