Kinder müssen Flüchtlinge spielen
Kriegs-Szenen an Waadtländer Schule

Um auf das Elend der Bevölkerung in Syrien aufmerksam zu machen, greift eine Hilfsorganisation zu fragwürdigen Methoden. An einer Schule im Kanton Waadt wurden Kinder mit Gewehr-Attrappen bedroht.
Publiziert: 23.06.2015 um 22:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:45 Uhr
Die 12-jährigen Schüler mussten sich einer Personenkontrolle unterziehen.
Foto: Patrick Martin / 24 heures

Die Mädchen und Buben, die auf der Wiese stehen, sind alle nicht älter als 12 Jahre alt. Um sie herum sind mehrere Erwachsene in Tarnanzügen, die ständig auf sie einschreien: «Ihr habt kein Recht, hier zu sein. Verschwindet dorthin zurück, wo ihr herkommt!» Was klingt, wie eine Szene aus einem Kriegsgebiet, hat sich so in einer Privatschule im Waadtländer Dorf Clarens ereignet.

«Die Kinder sollen mitfühlen können»

Verantwortlich für die dramatische Lektion ist die internationale Hilfsorganisation Medair. Die Nicht-Regierungsorganisation setzt sich vor allem in Afrika und in der arabischen Welt für Menschen in Krisengebieten ein. Gegenüber der Zeitung «24 heures» erklärt eine der anwesenden Medair-Mitarbeitenden: «Es geht hier darum, dass sich die Kinder in die Lage der Flüchtlinge versetzen und mitfühlen können.»

In einem anderen Rollenspiel müssen sich die Kinder einer Personendurchsuchung stellen. Vor ihnen gehen mehrere Personen in Militär-Uniform in Stellung. In ihren Händen halten die Kontrolleure Kalaschnikow-Attrappen. Die Schüler werden sogar dazu aufgefordert, die Hände über den Kopf zu halten und sich auf den Bauch zu legen.

«Ich habe erlebt, wie hart und traurig das alles ist»

Sind solch heftige Darstellungen wirklich nötig, um den Kindern das Elend von Kriegsflüchtlingen zu vermitteln? Der Verantwortliche für das Medair-Programm, William Anderson, rechtfertigt die Aktion: «Die Waffen werden nie direkt auf eines der Kinder gerichtet und wir respektieren stets die Würde der Personen.» Mit der spielerischen Art versuche man einfach, den Schülern das Schicksal von Flüchtlingskindern zu vermitteln. «Gerade in Syrien gibt es leider viele davon», so Anderson.

Bei den Kindern scheint die Lektion jedenfalls angekommen zu sein. Am Schluss des Programms findet die kleine Olivia: «Ich konnte mich in die Lage der Flüchtlinge versetzen und habe erlebt, wie hart und traurig das alles ist. Aber wir können helfen, indem wir Spenden und mit unseren Freunden über das Thema sprechen.» (cat)

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