Keine Zensur auf «Odysee» – aber auch kein Publikum
Schweizer Corona-Skeptiker wandern von Youtube ab

Die Videoplattform Odysee wird zum neuen Zuhause von Schweizer Corona-Skeptikern. Diese müssen dort keine Zensur fürchten und können für ihre Beiträge bezahlt werden. Besonders bei Rechtsextremen ist die Plattform beliebt. Allerdings fehlt das Publikum.
Publiziert: 14.01.2022 um 14:12 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2022 um 17:27 Uhr
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Seit dieser Woche ist Daniele Ganser auf Odysee. Damit macht er den gleichen Schritt wie andere Corona-Skeptiker.
Foto: Wikipedia/Dirk Wächter
Fabian Vogt

Von Twitter ging es auf Gettr, von Whatsapp auf Telegram. Und nun ist Youtube dran. Die Corona-Skeptiker haben eine andere Video-Plattform für sich entdeckt. Ihr Name: Odysee. Denn dort lassen sich Verschwörungstheorien besser verbreiten – und zwar ohne grosse Zensur oder sonstige Kontrollen wie zum Beispiel bei Youtube. Perfekte Bedingungen.

Kein Wunder ist Odysee mittlerweile zur neuen Heimat für Corona Skeptiker geworden. Daniel Stricker ist inzwischen abgewandert. WDCHUR schon lange. Und seit dieser Woche auch Daniele Ganser.

Der Erfolg ist allerdings noch äusserst bescheiden: Während Gansers Videos auf Youtube locker 40'000 Views pro Monat schaffen, sinds auf der neuen Plattform in der Regel unter 50 Klicks. Ähnlich bei Stricker: Auf Youtube erreich er innert Monatsfrist 10'000 bis 20'000 Leute – auf Odyssee sinds auch hier 50 Klicks.

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Videos können nicht mehr gelöscht werden

Seit Ende 2020 existiert die Plattform, die besonders in rechtsextremen Kreisen beliebt zu sein scheint. Benutzer können Videos hochladen, kommentieren oder liken. Die Beiträge sind nach Themen und Trends geordnet. Alles Features, die es auch auf Youtube gibt. Ohnehin scheint die Plattform auf den ersten Blick lediglich eine weitere Kopie des weltbekannten Google-Unternehmens, auch das Layout ist sehr ähnlich.

Doch unter der Oberfläche sieht es anders aus. Die US-Plattform Odysee basiert auf der Blockchain-Technologie und wurde von den Machern des File-Sharing- und Zahlungsnetzwerks LBRY erfunden.

Das Prinzip ist fundamental anders als bei Youtube und anderen grossen Videoplattformen: Beiträge werden nicht auf die Server der Tech-Giganten geladen, sondern dezentralisiert in der Blockchain abgelegt – die Technologie, auf der unter anderem die Kryptowährung Bitcoin basiert. Bedeutet: Videos, die dort landen, können nicht mehr gelöscht werden.

«Versuchen Sie, andere nicht offen zu beleidigen»

Entsprechend gibt es auch kaum Zensur auf Odysee. Moderatoren fehlen ebenso wie ein Filter für Erwachsene. Wenn Beiträge gegen die Richtlinien verstossen – beispielsweise ist Pornografie verboten – können die Videos lediglich aus Suchmaschinen entfernt werden. Sie existieren aber weiterhin und können auch geteilt werden.

Und ohnehin sind diese Richtlinien eher Wegweiser als strenge Vorgaben. So schreiben die Betreiber auch: «Das ist das Internet, wir verstehen das. Versuchen Sie, andere Nutzer nicht offen zu beleidigen und zu verletzen.»

Die Idee kommt an. Laut dem Webseiten-Tracker «Similarweb.com» verzeichnete die Seite per Dezember 2021 gesamthaft 32 Millionen Besucher. Eine stolze Zahl für eine Plattform, die erst ein Jahr zuvor an den Start ging.

Hitler und Corona-Verschwörung

Auch wenn viele sogenannte Content-Creator normale Inhalte anbieten, sind dort auch diverse Nutzer zu finden, die sehr extreme Sichtweisen haben. Die beliebtesten Videos handeln von Corona-Verschwörungstheorien, in anderen wird Adolf Hitler verherrlicht oder Treffen von extremistischen Gruppen gestreamt. Auch Schweizer sind zu finden. Zum Beispiel der rechtsextreme Ignaz Bearth oder Corona-Skeptiker wie Stricker, die allesamt nicht fürchten müssen, zensiert zu werden.

Vielleicht sind sie aber noch aus einem anderen Grund auf Odysee: Die Plattform bietet innovative, nicht zurückverfolgbare Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Denn sie hat ihre eigene Kryptowährung (LBC).

Nutzer können sich von anderen bezahlen lassen, ihre Streams zu verbreiten oder Videos anzuschauen. Im Frühjahr 2021 teilte Odysee mit, ein Influencer auf der Plattform verdiene «sehr unterschiedlich, das können 100 Dollar sein, aber auch 5000 Dollar».

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