Keine neuen Import-Hürden
Bauern-Lobby ausgebremst

In der EU hergestellte Lebensmittel sollen in der Schweiz weiterhin verkauft werden dürfen, auch wenn sie Schweizer Standards nicht erfüllen. Der Ständerat lehnt es ab, das Cassis-de-Dijon-Prinzip für Lebensmittel wieder aufzuheben.
Publiziert: 17.06.2015 um 11:43 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:40 Uhr

Er ist auf die von Bauernverbandsdirektor und FDP-Nationalrat Jacques Bourgeois (FR) initiierte Gesetzesänderung gar nicht erst eingetreten. Der Entscheid fiel auf Antrag der Wirtschaftskommission mit 28 zu 16 Stimmen. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.

Das 2010 von der Schweiz einseitig eingeführte Cassis-de-Dijon-Prinzip besagt, dass bestimmte nach Vorschriften der EU hergestellte Produkte auch in der Schweiz in Verkehr gebracht werden dürfen. Lebensmittel brauchen zusätzlich eine Bewilligung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).

Der Bundesrat hatte ursprünglich mit Einsparungen für die Konsumentinnen und Konsumenten in der Grössenordnung von 2 Milliarden Franken pro Jahr gerechnet. Diese Erwartungen erfüllten sich nicht. Die Preise sanken nicht spürbar, und das Interesse an Importen unter erleichterten Bedingungen ist klein. Gemäss BLV wurden im Lebensmittelbereich bisher 179 Gesuche gestellt, davon wurden 47 bewilligt.

Im Nationalrat war das geringe Interesse ein Argument gegen Cassis-de-Dijon. Grüne und der bauernfreundliche Flügel der Bürgerliche teilten ausserdem die Sorge um die Qualitätsstrategie der Schweizer Landwirtschaft. Unterstützt wurden sie dabei durch eine Kampagne gegen angeblich minderwertige ausländische Lebensmittel wie wässrigem Schinken oder Sirup mit wenig Fruchtanteil.

Die gleiche bunte Koalition machte sich im Ständerat für die Abschaffung des Cassis-de-Dijon-Prinzips stark. Die Gegner kritisierten die einseitige Anwendung durch die Schweiz. Peter Föhn (SVP/SZ) wies auf die ausbleibende Wirkung hin, während der Aufwand für die Umsetzung hoch sei. «Ausser Spesen nichts gewesen», sagte er. Für die Konsumenten sei zudem kaum erkennbar, dass die Lebensmittel nach ausländischen Standards produziert worden seien.

Nach Ansicht des Grünen Luc Recordon (VD) stellen minderwertige Produkte aus der EU ein beträchtliches Sicherheitsrisiko dar. Bei Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips nach dem massgeblichen Gerichtsentscheid im Jahr 1979 sei dieses sinnvoll gewesen. Mit der Integration zahlreicher osteuropäischer Länder habe sich die Lage verändert.

Auch Géraldine Savary (SP/VD) machte sich aus Sicht der Westschweizer Konsumentenorganisationen für die Abschaffung stark, während sich andere SP-Vertreter mit den Deutschschweizer Konsumentenorganisationen für die Beibehaltung einsetzten.

Die Wirtschaftskommission beantragte, nicht auf die Gesetzesänderung einzutreten. Die materielle Wirkung des Cassis-de-Dijon-Prinzips sei zwar bescheiden, sagte Kommissionspräsident Roberto Zanetti (SP/SO). Andererseits lasse sich nicht feststellen, wie sich die Preise ohne dieses entwickelt hätten.

Die Abschaffung des Cassis-de-Dijon-Prinzip wäre zudem «ein falsches Signal zur falschen Zeit», sagte Zanetti. Gefordert sei der Abbau von Handelshemmnissen, nicht die «Betonierung von Abschottungen». Unter solchen Bedingungen drohten Branchen «fett und impotent» zu werden. Der Kommissionspräsident zielte auch direkt auf die Landwirtschaft: Kurzfristige Gruppeninteressen dürften nicht die gesamte Volkswirtschaft kompromittieren, sagte er.

Auch die Wahlfreiheit war ein Thema: «Die Konsumentinnen und Konsumenten sind mündig», sagte Karin Keller-Sutter (FDP/SG). Sie kauften schon heute für 11 Milliarden im Jahr im Ausland ein und erachteten die Produkte offenbar als qualitativ gut und sicher. Der Beweis, dass es Sicherheitsproblem gebe, fehle bis heute, sagte auch Hans Hess (FDP/OW).

Unterstützt wurden die Befürworter des Cassis-de-Dijon-Prinzips von Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Die Einseitigkeit sei nicht elegant, die erkennbare Wirkung klein. Aber geschadet habe das Prinzip auch nicht. «Wir müssen offen bleiben», sagte er. Solche Zeichen würden zur Kenntnis genommen von den Unternehmen.

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