Ein Reisecar-Unglück mit trauriger Bilanz: Der Unfall gestern früh auf der A3 forderte eine Tote und 44 Verletzte. Gemäss ersten Erkenntnissen geriet der Reisebus, der für Flixbus unterwegs war, ins Schleudern und kollidierte anschliessend mit einer Mauer. Noch ist unklar, ob technische Mängel oder menschliches Versagen zum Crash führten.
Doch aktuelle Polizeikontrollen zeigen: Gerade im Reiseverkehr auf der Strasse werden regelmässig Mängel an Bussen festgestellt. Dabei fallen überwiegend ausländische Fahrzeuge ins Auge. Erst am letzten Freitag führte die Kantonspolizei Uri spezifische Reisecar-Kontrollen durch. Diese fanden im Schwerverkehrszentrum in Erstfeld neben der A 2 statt. Die Polizisten nahmen dabei 18 Busse (drei Schweizer, 15 europäische) mit total 320 Passagieren genau unter die Lupe.
Drei Reisecars aus dem Verkehr gezogen
Das erschreckende Resultat: Gegen neun Fahrzeuglenker gab es eine Anzeige. In vier Fällen wurden Verstösse gegen die Vorschriften der Arbeits- und Ruhezeit festgestellt. Sechs Anzeigen erfolgten aufgrund technischer Mängel. Drei dieser Reisecars mussten sogar stillgelegt werden – wegen ungenügender Bremsen, massiven Öl- und Kraftstoffverlusts und starker Rostschäden. Solche Fahrzeuge dürfen erst nach einer Reparatur zurück auf die Strasse. Alles andere wäre unverantwortlich.
Diese Kontrollen stimmen den Urner Polizeikommandanten Reto Pfister nachdenklich. Er betont: «Die stillgelegten Reisecars waren voller Passagiere. Für Personen sind ernsthafte technische Mängel ein Sicherheitsrisiko.» Pfister sagt: «Als Kunde würde ich mir genau überlegen, welchem Reiseunternehmen ich vertraue und in welches Fahrzeug ich einsteige.»
Polizei: «Wir stellen immer wieder technische Mängel fest»
Der Kommandant weiss: «Bei Kontrollen auf der Nord-Süd-Achse stellen wir leider immer wieder technische Mängel an Reisecars fest. Gefühlsmässig sind Reiseunternehmen aus dem EU-Raum stärker davon betroffen.» Es gäbe aber auch schwarze Schafe mit Schweizer Nummernschildern.
Dennoch: Wohl auch wegen der regelmässigen Kontrollen sind die Unfälle im privaten Personentransport auf Schweizer Strassen rückläufig. Die aktuellsten Zahlen der Verkehrsunfallstatistik zeigen: 2013 gab es landesweit 549 Unfälle, 2017 waren es nur noch 341 – eine Abnahme um fast 40 Prozent.
Zweites Todesopfer in diesem Jahr
Bei Unfällen, die der Chauffeur selbst zu verantworten hat, ist «momentane Unaufmerksamkeit» der häufigste Grund, gefolgt von Vortrittsfehlern und unvorsichtigem Rückwärtsfahren. Der Zustand des Flixbus-Chauffeurs sei nun Gegenstand der Ermittlungen, teilte die Kantonspolizei Zürich mit. Ebenso, inwiefern der Schnee mit dem Unfall in Zusammenhang stünde.
Johnson Ekigwe (37) aus Nigeria sass im Unglückscar, in der zweithintersten Reihe. Der Aufprall riss ihn aus dem Schlaf. «Die Passagiere schrien. Der Fahrer war bewusstlos und die Windschutzscheibe war gegen ihn gedrückt. Im Gang lagen blutende Menschen», beschreibt Ekigwe die schrecklichen Szenen gegenüber BLICK. Er selbst schlug sich nur leicht den Kopf an. Anders Italienerin Nicoletta N. (†37): Sie wurde aus dem Bus in die Sihl geschleudert und starb.
Unfälle mit solch schwerer Tragweite gab es in der Vergangenheit selten. Der Crash von gestern ist aber bereits der zweite Car-Unfall in diesem Jahr, bei dem Menschen sterben mussten. Das letzte Opfer: eine Deutsche (†27), die bei einem Bus-Unglück in Sigirino TI am Monte Ceneri starb.
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