Kapitäne vom Thuner-, Luganer- und Vierwaldstättersee
«Bei uns ist das Schiffshorn willkommen»

Auf dem Zürichsee verstummen die Kursschiffe, weil ein Anwohner sich beschwerte. Das könne ihnen nicht passieren, sagen Kapitäne anderer Schweizer Seen.
Publiziert: 13.07.2017 um 23:51 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2023 um 09:50 Uhr
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Chefkapitän Michel Scheurer von der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SVG).
Foto: zVg
Myrte Müller

Die Anwohner des Thunersees lieben das Schiffshorn. Davon ist Jürg Graber (45) überzeugt. Sogar mehr, als der Kapitän und Leiter der Einsatzplanung der BLS AG je gedacht hätte. Vor einigen Wochen setzte seine Schifffahrtsgesellschaft das Hornen am Sonntagmorgen aus. Aus Rücksicht. «Wir wollten die Anwohner ausschlafen lassen», erzählt der Kapitän. Doch diese wollten gar nicht aufs Horn verzichten. «Als wir am Sonntagmorgen um 8.40 Uhr ohne Hornstoss von Thun ablegten, erhielten wir Briefe mit der Bitte, das Hornen wieder aufzunehmen.»

Hornkenner achten ganz penibel auf die Töne

Jürg Graber weiss: Es gäbe sogar echte Hornkenner, die penibel auf die Töne achten. «Da beschwert sich schon mal jemand, wenn der lange Ton nur drei statt der vorgeschriebenen vier Sekunden anhält», sagt der Kapitän.

Auch Sergio Martinetti (48) von der Luganeser Schifffahrtsgesellschaft versteht den Wirbel am Zürichsee nicht. «Mir ist nicht bekannt, dass sich je einer bei uns wegen Lärm beklagt hätte», sagt der Vizedirektor der Società Navigazione del Lago di Lugano.

«Das Kursschiff hat Vorfahrt, daher ist das Hornen wichtig»

Im Gegenteil. «Es gibt viele Anwohner, besonders in Castagnola, die lieben unser Horn. Viele verbinden den Ton mit Kindheitserinnerungen.»

Horn ist nicht gleich Horn. «Wir haben insgesamt acht verschiedene Tonlängen und Tonfolgen. Ein langer Ton heisst zum Beispiel: ‹Achtung!› Drei lange Töne bedeuten: ‹Wir fahren rückwärts›», erklärt Sergio Martinetti.

Das Hornen sei wichtig, so Martinetti weiter. «Wir haben hier auf dem Luganersee viele Tret-, Segel- und Motorboote, die aufpassen müssen. Denn unsere Schiffe haben immer Vorfahrt. Und bei unserer Grösse haben wir natürlich einen sehr langen Bremsweg.»

«Wer das Horn nicht erträgt, sollte nicht an den See ziehen»

Für Michel Scheurer (46) ist das Horn ein notwendiges Schauzeichen. Gerade im Sommer, wenn viel Betrieb sei. «Man sieht nicht jeden Schwimmer und es gibt Kinder an der Anlegestelle», so der Chefkapitän der Schifffahrtsgesellschaft vom Vierwaldstättersee. «Wer da nicht hornt, kann Ärger kriegen. Ich weiss von Kollegen, die verurteilt wurden, weil sie nicht gehornt haben.»

Ausserdem, so betont Michel Scheurer, sei das Horn bei den Touristen beliebt. «Vor allem erwarten sie die Pfiffe der Dampfschiffe. Je länger desto schöner», sagt der Kapitän. Laut müsse das Schiffshorn sein, so um 120 bis 130 Dezibel. Das verlange die Vorschrift.

Viel Verständnis für den Zürcher Anwohner, der gegen die Kursschiffe auf dem Zürichsee klagte, hat Michel Scheurer nicht. «Es gibt ja auch immer wieder Leute, die sich an Kirchen- oder Kuhglocken stören. Wer das Schiffshorn nicht erträgt, sollte nicht an den See ziehen.»

Monster-Tröte

Flüelen UR – Zwölf Meter lang, sechseinhalb Meter breit, fünf Tonnen schwer – und 140 Dezibel laut! Was im Jahre 2015 auf dem Urnersee ertönte, stellt jedes Zürcher Schiffshorn in den Schatten.

Urner Monsterhorn

Auch ein startender Düsenjet bringt es in hundert Meter Entfernung nur auf 125 Dezibel. Das Urner Monsterhorn liess auch sämtliche Ozeandampfer alt aussehen, galt es sogar als das grösste Schiffshorn der Welt. An­getrieben wurde die Monstertröte von einem sieben PS starken Elektromotor. Für das Jubiläumsfest zum 750. Geburtstag von Flüelen wurde das Rekordhorn für kurze Zeit nochmals aufgebaut.

Das Urner Monsterhorn.
Tele 1 (Screenshot)

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