Die Lage in Bondo GR bleibt angespannt. Es gibt Familien, die alles verloren haben. Der Bergsturz zermalmte Häuser, Existenzen und Zukunftspläne. Doch der starke Zusammenhalt der Talbewohner führt selbst in der Krise zu Glücksmomenten.
Am Freitag retteten die Bauern und einige Helfer in letzter Sekunde ihren kostbaren Schatz – den Granito-Käse. Zwölf bis 16 Monate muss dieser reifen, dabei regelmässig gepflegt werden. Der Granito – eine Delikatesse aus dem Bergell – konnte vor Schutt und Schlamm in Sicherheit gebracht werden.
«Es war eine Rettung in letzter Sekunde»
Der örtlichen Käserei Latteria Bregaglia wurde mitgeteilt, dass die Liegenschaft wegen der starken Regenfälle gefährdet sei. Deshalb räumten die Landwirte am Donnerstagabend ihr Lager. Zwei Bauern und einige Helfer packten mit an. Unter ihnen auch Reto Giovanoli aus Samedan GR. «Wir konnten den gesamten Käse in Sicherheit bringen», sagt er erleichtert zu BLICK. Bauer Urs Schmid aus Stampa GR fügt an: «Es war eine Rettung in letzter Sekunde!»
Fakt ist: Nur zweieinhalb Stunden nach der Aktion donnerte ein weiterer Murgang den Berg hinunter und füllte das Gebäude bis unters Dach mit Schlamm und Geröll. Rund 1,2 Tonnen Granito-Käse im Wert von knapp 40'000 Franken konnten zuvor abtransportiert und in ein Lager in Maloja GR gebracht werden. «Ansonsten hätten wir vielleicht Kunden verloren», sagt Schmid. Er ist zumindest etwas erleichtert. Gerade für die Landwirte ist die Situation rund um Bondo besonders schlimm, da viel Kulturland verloren ging.
Frühzeitiger Alarm nachts unmöglich
Zeitgleich laufen die Arbeiten in Bondo GR noch immer auf Hochtouren. Nun muss die verschüttete Brücke freigeräumt und die Flussböschung mit grossen Steinen verstärkt werden. Dies wird bis Dienstag dauern. Im Auffangbecken für Murgänge konnten Maschinen damit beginnen, die neue Kantonsstrasse freizuräumen. Eine Aktion, die drängt: Ansonsten drohen bei neuen Murgängen weitere grosse Schäden. «Eine halbe bis eine Million Kubikmeter Fels sind am Piz Cengalo akut absturzgefährdet», sagt Gemeindesprecher Christian Gartmann.
Bondo und der Nachbarort Soglio bleiben derweil von der Umwelt abgeschnitten. Nur die Helfer erreichen das Gebiet. Nachts ist die Zone leer und verlassen. Wegen der fehlenden Sicht ist ein frühzeitiger Alarm unmöglich. Mittlerweile hilft auch die Armee. Sie errichtet ein Kommunikationsnetz für die Helfer.