Jurafrage
Knappes Resultat bei der Jura-Abstimmung in Moutier erwartet

Beim Kanton Bern bleiben oder zum Kanton Jura wechseln: Am 18. Juni entscheiden die rund 7700 Einwohner des bernjurassischen Städtchens Moutier über dessen künftige Kantonszugehörigkeit. Es wird ein knappes Resultat erwartet.
Publiziert: 29.05.2017 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 23:25 Uhr
Bernisch bleiben oder jurassisch werden: Die Bevölkerung von Moutier entscheidet Mitte Juni über die Kantonszugehörigkeit des Städtchens (Archivbild).
Foto: KEYSTONE/STEFAN MEYER

Die Abstimmung ist einer der letzten Ausläufer des jahrzehntealten Jurakonflikts. In den 1970-er Jahren führten mehrere Plebiszite zur Abspaltung der katholischen, französischsprachigen Bezirke des Kantons Bern und 1979 zur Gründung des Kantons Jura.

Die protestantisch geprägten, südjurassischen Bezirke und mit ihnen Moutier, verblieben bei Bern. Moutier stimmte in der Folge mehrmals über einen Kantonswechsel ab - mit hauchdünnen Mehrheiten für Bern.

In der vorerst letzten Jura-Abstimmung im Jahr 2013 ging es darum, ob der gesamte Berner Jura mit dem Kanton Jura zusammen spannen will. Das Projekt wurde im Berner Jura haushoch abgelehnt. Einzige Ausnahme: Das Städtchen Moutier. Dort hätte eine knappe Mehrheit den Zusammenschluss gewollt.

Ob die Zeichen im Juni 2017 nun auf Kantonswechsel stehen, ist allerdings schwierig zu sagen. Der Bevölkerung stellt sich nämlich eine etwas andere Abstimmungsfrage als 2013. Es geht nicht darum, ob Moutier im Schoss einer ganzen Region den Kanton wechselt, sondern ob die Stadt allein, bestenfalls mit ein, zwei kleinen Nachbargemeinden im Schlepptau loszieht.

Das Industrie- und Arbeiterstädtchen wird auf die Abstimmung hin vom Kanton Bern und vom Kanton Jura mit Versprechungen umgarnt. Für Bern spricht Bewährtes, für den Jura Neues.

Im Kanton Jura würde Moutier auf Anhieb zur zweitgrössten Stadt nach dem rund 10 Kilometer entfernten Kantonshauptort Delsberg. Im grossen Nachbarkanton Bern hingegen rangiert Moutier unter «ferner liefen» in der Grössenordnung von Gemeinden wie Frutigen, Herzogenbuchsee oder Schwarzenburg.

Befürworter eines Kantonswechsels versprechen sich mehr Gewicht und Bedeutung für ihre Stadt. Und tatsächlich: der Kanton Jura geizt auch nicht mit Versprechungen. So sollen Verwaltungsstellen in Moutier angesiedelt und das örtliche Spital erhalten werden.

Der Kanton Jura signalisierte, dass er das Städtchen zu einem Zentrum von kantonalem Interesse erklären will. Moutier soll sieben der 60 Sitze im Kantonsparlament stellen und 172 Beamtenstellen erhalten.

Die Gegner eines Kantonswechsels trauen den Versprechungen nicht. Auch im zehn Kilometer entfernten Delsberg gebe es ein Spital. Der Kanton Jura werde es sich kaum leisten, zwei solche Institutionen in unmittelbarer Nähe zu führen, argumentieren sie. Moutier werde auch im Kanton Jura nur als Aussenposten wahrgenommen werden.

Vom Erhalt des Spitals hängen in der Region zahlreiche Arbeitsplätze ab. Kein Wunder also, ist sein Fortbestand ein wichtiges Argument im Abstimmungskampf.

Ein anderes Argument ist das Geld. Der Kanton Bern pumpt jedes Jahr rund 50 Millionen Franken nach Moutier. Allerdings kommen über den nationalen Lastenausgleich rund 26 Mio. Franken und durch Steuern rund 16 Mio. Franken zurück.

Unter dem Strich verbleibt ein Betrag von 5 bis 10 Mio. Franken, der nach Moutier geht, wie der bernische Regierungsrat Pierre Alain Schnegg in einem Interview mit der Tageszeitung «Der Bund» im April vorrechnete.

Rund 700'000 Franken erhält Moutier jährlich für kulturelle Institutionen und Projekte. 2,5 Millionen Franken kommen aus dem interkantonalen Finanzausgleich. Und eine Million Franken erhält die Stadt für die Finanzierung von Tagesschulen.

Der Kanton Jura seinerseits hat kein Gehör für die bernischen Schalmeienklänge. Wenn die Möglichkeiten im Kanton Bern so viel besser wären, hätten sich die bernjurassischen Gemeinden in den vergangenen Jahrzehnten doch viel stärker entwickeln müssen. Doch die Statistik lasse eher auf das Gegenteil schliessen, argumentiert die jurassische Seite.

Die Berner Regierung befürchtet, dass mit dem Abgang Moutiers die Rolle des Kantons als zweisprachiger Brückenbauer in der Schweiz leiden könnte. Dank der französischsprachigen Minderheit ist Bern in den Regierungskonferenzen der Deutsch- und der Westschweiz vertreten, was dem Kanton Einfluss verschafft.

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