Blick: Herr Acklin, was ist das für eine Liebe zwischen Angela Magdici und Hassan Kiko?
Jürg Acklin: Eine gewaltige, romantische, dramatische Liebesgeschichte. Da gibt es zwei, die eine Liebe leben wollen, die verboten ist. Und dafür alle Grenzen überschreiten. Solche Fälle gibt es immer wieder in der Literatur. Das ist mein Gedanke als Schriftsteller.
Und als Psychoanalytiker?
Für mich ist vor allem Frau Magdici interessant. Aus der Ferne betrachtet, scheint sie eine grosse Sehnsucht nach dem ultimativen Kick zu haben, nach einem ungewöhnlichen, gefährlichen Leben. Und nach einem Mann, der für sie schlechthin männlich ist. Dabei ist er ein verurteilter Vergewaltiger. Sie aber sagt: Er ist der Mann meines Lebens. Sie scheint davon wie besessen zu sein. Angela Magdici will diesen Mann!
Wie stellen Sie sich das Zusammensein auf der Flucht vor?
Sie waren wohl permanent zusammen, in einem Zustand höchster Anspannung. Das hat die beiden extrem zusammengeschweisst. Vielleicht hat es auch erste Ernüchterungen gegeben. Wenn man den anderen beim Zähneputzen sieht, ist das nicht mehr so romantisch.
Was für eine Bedeutung hat das Video?
Frau Magdici hatte nicht alle Brücken hinter sich abgebrochen. Sie wollte ein Zeichen senden, vielleicht sogar gefunden werden. So ein Leben auf der Flucht ist extrem anstrengend und stressig. Vielleicht war es ein Versuch, wieder auf den Boden zu kommen.
Wie wird sie nach dem permanenten Kick dieser Zweisamkeit die Einsamkeit in der Zelle aushalten?
Sie fühlt sich wohl emotional, psychisch amputiert, ist wie auf Drogenentzug. Jeder Moment zuvor war sehr emotional, bedeutungsvoll. Sie erlebt eine massive Trennung und ist jetzt sich selber ausgeliefert. Das kann gefährlich sein.
Wie meinen Sie das?
Angela Magdici scheint im Moment sehr aggressiv zu sein. Sie geht offenbar aufs Gefängnispersonal los. Irgendwann könnte sich die Aggression gegen innen richten. In solchen Fällen muss man sehr wachsam sein.