Der Bau dauerte drei Jahre länger als geplant und die Kosten beliefen sich auf mehr als das Doppelte der veranschlagten Summe - 686 statt 306 Millionen Franken. 49 Prozent der Mehrkosten entfielen auf die Teuerung, 26 Prozent waren geologisch bedingte Mehraufwendungen, und der Rest entfiel auf nachträgliche Projektänderungen und Zusatzinvestitionen, die sich im Verlauf der elfjährigen Bauzeit als notwendig erwiesen hatten.
19 Tote auf 17 Kilometer
Auf den Baustellen in Airolo TI und Göschenen UR standen bis zu 800 Arbeiter im Einsatz. Sie leisteten rund um die Uhr im Schichtbetrieb 9,2 Millionen Arbeitsstunden, zündeten 2,8 Millionen Kilo Sprengstoff und brachen 1,6 Millionen Kubikmeter Fels aus dem Berg - eine Masse von der Grösse von 3000 Einfamilienhäusern. 19 Mineure kamen bei Unfällen am knapp 17 Kilometer langen Tunnel, ums Leben, etwa einer pro Kilometer Länge und pro Minute Fahrzeit.
Die Fluktuation unter den vornehmlich italienischen Gastarbeitern war zunächst gross, die Männer waren isoliert, Unterhaltungsangebot gab es keins. Das Schreckgespenst der «Überfremdung» geisterte bereits in den Köpfen der Einheimischen, man wollte die Fremden nicht allzu gut integrieren.
Italiener wurden integriert
Aber weil nur ein glücklicher Arbeiter ein gute Arbeiter ist, erleichterten die Göschener den «Tschinggen», wie man damals noch in der Schweiz sagte, den Familiennachzug, baute eine Schule und Einkaufsmöglichkeiten. Und die Arbeiter waren engagiert: Auf den TV-Aufnahmen vom Durchstich am 16. Dezember 1976, die europaweit übertragen wurden, sieht man manch einen Italiener ein Tränchen verdrücken.
Am 5. September 1980 um 17 Uhr wurde der Tunnel dem Verkehr übergeben. «Der Gotthard, Wiege der Wasser und Brückenkopf der Wege, Wurzelgrund unseres Staates und Symbol unserer verteidigten Freiheit hat den Willen aller beflügelt, diesen beeindruckenden Strassentunnel zu schaffen. Bitten wir, dass dieses Werk der Menschen zum Segen für die Menschen wird», salbaderte Bundesrat Hans Hürlimann an der Eröffnungsfeier.
Wirtschaft litt unter Autobahn
Mit dem Segen war es dann aber nicht so weit her. Die Blechlawine entwertete die Häuser und die Lebensqualität jener, die in der Nähe der Autobahn wohnten. Dörfer, durch die jetzt nicht mehr gefahren wurde, litten wirtschaftlich; in Gurtnellen etwa mussten alle Hotels schliessen, bis auf eins. Die Luftverschmutzung liess Bäume serbeln, die Bannwälder lichteten sich, man befürchtete, Dörfer wegen der Lawinengefahr evakuieren zu müssen, wie das Schweizer Fernsehen berichtete.
In einem Punkt verhaute sich Bundesrat Hürlimann in seiner Lobeshymne besonders heftig: «Dieser Tunnel ist kein Korridor für den Schwerverkehr. In der baulichen Gestaltung ist diese Strasse unter dem Berg nicht für den Transport von Gütern konzipiert», sagte er an der Eröffnung. Die Realität sprach eine andere Sprache.
Zweite Röhre kommt
Die zweite Röhre, obwohl sie von Anfang an angedacht war - der Sicherheitsstollen war die Vorstufe - kam dann lange nicht. Nun, 50 Jahre nach Baubeginn, benötigt der Tunnel dringend eine Sanierung. Dazu ist eine mehrjährige Sperrung nötig. Die zweite Röhre wird in der Zwischenzeit die Stellvertretung für die alte übernehmen. Am 28. Februar 2016 hat das Stimmvolk diesen Entscheid von Bundesrat und Parlament genehmigt.
Ein Anschwellen der Blechlawine sei nicht zu befürchten, versichert das Bundesamt für Strassen Astra: «Dank der zweiten Strassenröhre durch den Gotthard kann der Verkehr nach der Sanierung des bestehenden Tunnels im einspurigen Richtungsverkehr mit seitlichem Pannenstreifen geleitet werden. Dies verbessert die Sicherheit, ohne dass die bestehende Kapazität erhöht wird».
Verkehr durch Tropfenzählersystem reguliert
Und diese Kapazität wird bekanntlich seit 2002 von einem Tropfenzählersystem reguliert: Am Gotthard dürfen pro Stunde maximal 1000 PW-Einheiten in einer Richtung den Tunnel befahren; ein LKW entspricht drei PW-Einheiten. Pro Tag durchqueren gemäss Astra 3000 bis 4000 LKWs den Tunnel. (SDA)