Jetzt shoppen sie eben samstags
Auf ins Getümmel!

Warteschlangen vor Luxus-Läden, Schnelltest im Holzhäuschen, gifteln wegen der Maske. Die Schweizer rennen ihren Geschenken nach. Einkaufen ist an der Bahnhofstrasse noch immer ein Massenereignis.
Publiziert: 13.12.2020 um 00:51 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2020 um 10:08 Uhr
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Anstehen fürs Mami: Elena und Lorena aus Luzern stehen an für ein Portemonnaie. Sie sind nicht die einzigen.
Foto: Thomas Meier
Tobias Marti

Die Schweiz fährt den Betrieb herunter. Nur fühlt sich das an der Zürcher Bahnhofstrasse gar nicht so an. Einkaufen war hier auch gestern ein Massenereignis.

Der Bundesrat ist zwar gerade reingegrätscht und hat Sonntags- wie Abendverkäufe verboten. Doch nun drängt das Volk eben am Samstag in die Läden. Irgendwann müssen die Geschenke ja aufgetrieben werden. Die Angst, dass nach den Festtagen die Fallzahlen wieder durch die Decke ­gehen, scheint hier sehr weit weg.

Ob man mit Tausenden ­anderen einkaufe, «spielt auch keine grosse Rolle mehr», sind Fania und Manon überzeugt. Die beiden sind in einer Luxusboutique fündig geworden, nun wollen sie bei Sprüngli einkehren. Sie fahre jeden Tag mit dem ÖV in die Stadt, sagt Fania: «Der Zug ist ja auch immer voll.»

Wer noch schnell ein paar Geschenke braucht, aber vielleicht bereits von leichtem Hüsteln oder Frösteln geplagt wird, auf den wartet Carlo Quattrini in seinem Holzhäuschen beim Pestalozzi-Denkmal. Der Apotheker, petrolfarbener Schutzanzug, bietet Corona-Schnelltests an. «Es kommen Einkaufstouristen oder Leute, die noch auf Reisen müssen», sagt er. Das Weihnachtshäuschen ist gemietet, gerade kommt wieder neue Kundschaft.

Anstehen für ein Louis-Vuitton-Portemonnaie

Manches Weihnachtsgeschenk bekommt man nur schwer online. Etwa ein schickes Portemonnaie von Louis Vuitton fürs Mami. Deswegen stehen Elena und ­Lorena aus Luzern bereits eine halbe ­Stunde vor der Boutique. In einer Schlange mit absurd vielen anderen. Gleich sind sie an der Reihe. Ihr persönliches Schutzkonzept: «Wir kaufen sonst viel online ein.» Nur dass Tank­stellenshops jetzt sonntags geschlossen haben, finden sie wirklich hart.

Die Schweiz im Dezember 2020 scheint ein Land in der Warteschlange zu sein, entweder in der zum Schnelltest oder jener vor dem Louis-Vuitton-Laden.

Diese Regeln gelten neu

Aufgrund der steigenden Fallzahlen gelten seit gestern Samstag neue Massnahmen: Restaurants, Läden, Sport- und Freizeit­anlagen müssen spätestens um 19 Uhr zumachen und – ausser Restaurants und Bars – auch am Sonntag ­geschlossen bleiben. Kantone mit einer guten epidemiologischen Entwicklung dürfen die Sperrstunde auf 23 Uhr ausweiten. Veranstaltungen sind bis auf wenige Ausnahmen verboten, sportliche und kulturelle Veranstaltungen sind nur noch in Gruppen bis fünf Personen erlaubt.

Aufgrund der steigenden Fallzahlen gelten seit gestern Samstag neue Massnahmen: Restaurants, Läden, Sport- und Freizeit­anlagen müssen spätestens um 19 Uhr zumachen und – ausser Restaurants und Bars – auch am Sonntag ­geschlossen bleiben. Kantone mit einer guten epidemiologischen Entwicklung dürfen die Sperrstunde auf 23 Uhr ausweiten. Veranstaltungen sind bis auf wenige Ausnahmen verboten, sportliche und kulturelle Veranstaltungen sind nur noch in Gruppen bis fünf Personen erlaubt.

Sein Gewand ist gut unter der Jacke verborgen, sein Mönchszopf unter einer Mütze versteckt, nur die Nase trägt der Hare-Krishna-Mann über der Maske. «Zieh doch das Ding richtig an, du Löli!», schimpft ein Passant. Der blickt seinem Kritiker entgeistert nach. «Dabei sind die Schweizer doch eigentlich entspannt», sagt der Londoner. Er muss es wissen, gerade ist er aus Ungarn angereist, bald wird er auf Belgiens Einkaufsstrassen missionieren.

Keine leeren Strasse in der Schweiz

Andernorts sei der Shutdown eine strikte Sache. «Mit leeren Strassen und so», sagt er. Nicht so in der Schweiz, hier herrsche noch ziemlich viel Betrieb. Dennoch gehen die Bücher seines ­Gurus heute nicht so gut weg.

Und dann gibt es noch Franz Carl Weber. Die Warteschlange davor zieht sich um die Hausecke. Hardy und Giuliano, Kumpels und Väter, sowie deren Kinder Mila, Angelina, Leonardo und Lenn ­haben ihre Geschenke gefunden. «Das hat Tradition», sagt Papi Giuliano. Pandemie hin oder her: «Jetzt gehen wir essen ins Kaufleuten», ergänzt Hardy.

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