Sie schämt sich und hält die Hand vors Gesicht. Marina S.* (27) weint bittere Tränen. Sie ist die Frau des Killers von Sarmenstorf AG – und stand selber unter dringendem Tatverdacht. Nach 16 Tagen in U-Haft kam sie frei.
Mit BLICK spricht sie jetzt zum ersten Mal über die härteste Zeit in ihrem Leben. «Was ich durchgemacht habe, das war schlimm», sagt Marina S. leise. «Irgendwie bin auch ich ein Opfer.»
Ihr Mann Andreas S.* (32) hatte am 8. Juli in Sarmenstorf AG seine Eltern Annemarie (†60) und Ernst (†64) im Streit brutal erstochen. Später legte er ein Geständnis ab (BLICK berichtete).
Marina S. bestätigt, dass Andreas Probleme mit seinen Eltern gehabt hatte, dass sie auch schon auf ihn losgegangen sind. «Ich denke, dass Andy im Affekt gehandelt hat, sich vielleicht sogar verteidigen wollte.»
Die junge Frau hätte nie gedacht, dass ihr Mann zu einer solchen Tat überhaupt fähig wäre. Er verschwieg ihr an jenem Abend, dass er zu den Eltern ging: «Er hat mir auch nach der Tat nichts gesagt. Er hat sich später nur komisch verhalten, so, als würde er Abschied von mir nehmen.»
Erst im Nachhinein habe sie erfahren, dass er sich das Leben nehmen und sie vorher noch einmal umarmen wollte.
Dazu kam es nicht. «Irgendwann in der Nacht kreuzte die Polizei bei Andreas’ Schwester auf und nahm uns fest», sagt Marina S. «Wir hatten dort übernachtet, weil sie mit ihrer Familie in den Ferien war und wir auf ihre Büsi aufpassten.»
Das Paar kam in U-Haft. Marina S.: «Es war keine schöne Zeit. Vor allem, weil die Polizei vermeldete, dass zwei Leute aus dem familiären Umfeld der Opfer unter dringendem Tatverdacht stehen würden, wie ich später hörte. Damit wurde ich in meinem Umfeld natürlich als Mörderin abgestempelt.»
Am 24. Juli kam die Detailhandelsfachfrau frei. «Da brach alles auf mich herein.» Ihr neuer Job in einem Pferdestall war wegen des Falls weg, ihre beiden Hunde waren fremdplatziert. «Und ich erntete von Nachbarn und Kollegen zudem teils komische Blicke.»
Marina S. weint. Es bleibe ewig etwas von der Sache an ihr hängen. Einige fragen sich immer noch, ob sie nicht doch etwas mit der Tat zu tun habe. Sie sagt: «Ich war nicht dabei und habe Andy auch nicht gefahren.»
Ihre Gefühle gegenüber dem Mann, mit dem sie seit fünf Jahren verheiratet ist, bezeichnet sie heute als chaotisch: «Einerseits liebe ich ihn noch immer. Andererseits hat er zwei Menschen getötet, was schrecklich ist.» Sie überlegt, wie es mit der Ehe weitergehen soll, ob die gemeinsame Wohnung noch Sinn macht. «Er wird für Jahre nicht freikommen. Ob ich dann noch für ihn da bin, weiss ich nicht.» Kontakt hatte sie noch keinen zu ihm. Auch nicht zu seinen Geschwistern. Sie hat Kontaktverbot. Unterstützung geben ihr Angehörige und Freunde. Sie hat auch den Job im Pferdestall wieder in Aussicht. Und: «Ich habe meine Hunde wieder», sagt sie und lächelt zum ersten Mal. Auch wenn sie noch nicht weiss, was die Zukunft bringen wird: «Meine Hunde geben mir Kraft, weiterzumachen. Irgendwie.»