Damit hatte die Verkäuferin in Belp BE nicht gerechnet, als kurz vor Ladenschluss um 22 Uhr ein Kunde den Tankstellenshop betrat. Der Kosovare (32) legte zunächst Zigaretten auf die Ladentheke. Doch dabei blieb es nicht. Er wollte Geld – und bedrohte die Angestellte mit einer Handgranate.
Vor lauter Aufregung schaffte es die Frau nicht, die Kasse zu öffnen. Als es ihr dann endlich gelang, war der Mann bereits über alle Berge. Erbeutet hatte er nichts.
Wie die «Berner-Zeitung» berichtet, dauerte es nicht lange, bis die Polizei den Mann ausfindig machte. Drei Monate nach dem versuchten Raubüberfall führten Beamte eine Hausdurchsuchung durch und fanden dabei die Handgranate.
DNA auf Baseball-Cap überführte Täter
Obwohl die Beweislage klar gegen den Mann sprach, leugnete er die Tat in der Untersuchung. Geglaubt hat ihm die Polizei nicht, denn: Ein in der Nähe des Tatorts gefundenes Baseball-Cap mit seiner DNA drauf überführte den Mann klar. Das Cap war zudem auf den Videos der Überwachungskameras zu sehen gewesen.
Diese Woche musste der Mann nun vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland antraben. Eine Überraschung gab es gleich zu Beginn des Prozesses. Der Angeklagte gestand die Tat und sparte dabei nicht mit Details.
«Ich hatte Angst vor den Konsequenzen. Deshalb habe ich nicht die Wahrheit gesagt». Er habe damals finanzielle und psychische Probleme gehabt. «Ich hatte auch Suizidgedanken», sagt er vor Gericht. In einer solchen Lage mache man halt Dinge, die man glaubt, nicht machen zu können. Rückblickend, sagt er, bereue er es aber, dass er die Tat nicht sofort gestanden habe.
Staatsanwältin fordert harte Konsequenzen
Bei dem Überfall ging der Mann bekanntlich leer aus. Das Gericht wollte wissen, warum. Die Furcht der Verkäuferin habe den Mann dazu bewogen, einen Rückzieher zu machen. «Als ich gesehen habe, wie die Frau zittert, war mir nicht mehr wohl und ich ging.» Dass die Kasse dann doch noch aufsprang, habe er gar nicht mehr realisiert.
Auch über die Herkunft der Handgranate klärte der Mann das Gericht auf. Sie sei ihm vor zwei Jahren als «Souvenir» geschenkt worden. Von wem, dürfe er allerdings nicht sagen.
Die Staatsanwältin fordert nun Konsequenzen. Konkret heisst das eine unbedingte Gefängnisstrafe von 44 Monaten und einen acht Jahre dauernden Landesverweis. Der Überfall auf den Tankstellenshop mit einer Handgranate sei eine aussergewöhnliche Situation. Ihr sei kein anderer solcher Fall bekannt. «Die Situation war höchst gefährlich.» Dies vor allem deshalb, weil der Mann an der Handgranate manipuliert hatte.
Auch die Tatsache, dass der Täter den Überfall freiwillig abgebrochen haben soll, kaufte sie ihm nicht ab. Für die Staatsanwältin ist klar: Er ist nur geflohen, weil die Kasse nicht sofort aufsprang. Zudem sprach sie auch das Opfer an. Die Angestellte leide seit dem Vorfall an einer posttraumatischen Belastungsstörung und sei in Behandlung.
Besitz der Handgranate hat keine Konsequenzen
Das Besondere an dem Fall ist, dass der Täter für den Besitz der Handgranate keine Konsequenzen zu fürchten hat. Der Grund: Eine Lücke im Kriegsmaterialgesetz. Denn verboten ist nur die Einfuhr, die Ausfuhr oder der Handel. Vom Besitz ist keine Rede.
Der Verteidiger sieht die Sachlage ein wenig milder. Er plädiert für eine bedingte Gefängnisstrafe von zwölf Monaten. Auch einen Landesverweis hält er für übertrieben. Der Mann lebe bereits seit 20 Jahren in der Schweiz und sei immer gut integriert gewesen. Das Urteil wird am Donnerstag erwartet. (ced)