Jann Six leitet neu den Fall Thomas N.
Neuer Rupperswil-Richter ist gnadenlos teuer!

SVP-Richter Jann Six gilt als «gnadenlos» und leitet nächste Woche das Berufungsverfahren gegen den Vierfachmörder von Rupperswil, Thomas N. Nur: Bei drei spektakulären Fällen wurden die harten Urteile von Six vom Bundesgericht kassiert.
Publiziert: 05.12.2018 um 00:54 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2018 um 09:12 Uhr
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Richter Jann Six richtet am 13. Dezember über Rupperswil-Killer Thomas N.
Foto: Chris Iseli/AZ
Michael Sahli

Oberrichter Jann Six wurde in den Medien schon als «gnadenlos» oder «besonders hart» gefeiert. Fest steht: Der SVP-Mann richtet, ganz nach dem Geschmack seiner Mutterpartei, oft am oberen Limit des Strafrahmens. Und auch gerne mal ein bisschen darüber.

Für den Rupperswil-Mörder Thomas N.* (35) sind das denkbar schlechte Nachrichten. Wie «TeleM1» berichtet, ist es nämlich ausgerechnet der scharfe SVP-Richter, der am 13. Dezember den Berufungsprozess des Vierfachmörders leiten wird. Thomas N. will sich gegen seine ordentliche Verwahrung wehren. Bei Six und seinen Richterkollegen könnte er damit auf Granit beissen. Folgen sie sogar der Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer lebenslangen Verwahrung?

Es wäre ein knallhartes Urteil, ganz nach dem Image von Six. Nur: Die Chance würde bestehen, dass er vom Bundesgericht einmal mehr zurückgepfiffen würde. In den folgenden drei spektakulären Fällen ist das schon passiert. Und es war nicht immer gratis.

Beispiel 1: Der Mörder von Au-pair Lucie (†16)

Der brutale Mord an Au-pair Lucie* (†16) erschütterte im Jahr 2009 die Schweiz. Daniel H.* (35) lockte das Mädchen mit dem Versprechen, mit ihr ein Fotoshooting zu machen – und erschlug sie mit einer Hantel. Schlitzte ihr die Kehle auf. 2012 stand H. vor Oberrichter Six. Der SVP-Verfahrensleiter sprach die Höchststrafe aus: lebenslange Verwahrung. Hinter Gitter, ohne Chance, je wieder rauszukommen.

Nur: 2013 kippte das Bundesgericht den Entscheid. Es sei möglich, dass in einigen Jahrzehnten eine Behandlung für den Killer gefunden werden könne. Es sei nicht zu beweisen, dass der eher junge Mörder den Rest seines Lebens nicht therapierbar sei. Daniel H. bleibt ordentlich verwahrt.

Beispiel 2: Den falschen Killer eingesperrt

Der Falsche landet hinter Gittern, und das auch noch für Mord: Tatsächlich, so etwas gibt es nicht nur in Hollywood-Filmen. Nach dem Werkstattmord von Gränichen 2012, als David M.* (†31) in einer Werkstatt erschossen wurde, sprach das Aargauer Obergericht unter Leitung von Jann Six den Bosnier Zeljko J.* des Mordes schuldig. Insgesamt 1998 Tage verbrachte J. in Haft. Bis das Bundesgericht das Urteil kippte und ihn wieder freisprach. Zeljko J. erhielt eine Entschädigung von 274’070 Franken.

Beispiel 3: Zu Unrecht verurteilter Gemeindeammann

Walter Dubler (63) kämpfte lange um seinen Ruf, bis ihn das Bundesgericht 2017 endlich freisprach. Dem früheren Gemeindeammann von Wohlen AG wurde unter anderem vorgeworfen, sich zu hohe Pensionskassenbeiträge eingezahlt zu haben. Damit habe er die Gemeinde betrogen. Das Gericht um Verfahrensleiter Six verschärfte das Urteil der Vorinstanz noch: bedingte Geldstrafe von 66’000 Franken plus 6000 Franken Busse. Der Gemeindeammann musste den Hut nehmen. Obwohl auch hier das Bundesgericht das Urteil später kippte. Die Gemeinde entschädigte Dubler dieses Jahr mit 46’887 Franken.

Jann Six selber will sich weder zum Fall Rupperswil noch zu früheren Fällen äussern. Nicole Payllier, Leiterin Kommunikation der Aargauer Gerichte, stellt aber fest: «Es ist uns ein wichtiges Anliegen, darauf hinzuweisen, dass das Obergericht in Berufungsverfahren stets in einem Gremium von drei Oberrichtern entscheidet.»

* Namen der Redaktion bekannt

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