Die als biologische Kruste bezeichneten obersten Millimeter vermeintlich nackten Bodens sind klirrender Kälte, hoher UV-Strahlung oder grosser Trockenheit ausgesetzt. Und doch sind sie vollgepackt mit Organismen, die wahre Survival-Experten sind. Grund genug, um sie anlässlich des Jahr des Bodens zum Bodenorganismus des Monats August zu küren.
Die Flechten, Algen, Bakterien, Moose und Pilze bilden eine komplexe und ökologisch äusserst erfolgreiche Wohngemeinschaft, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) am Montag in einem Faktenblatt mitteilte. Sie halten einiges aus: Manche Flechtenarten überleben zwei Wochen im Weltraum. Sie können völlig austrocknen und bei erneuter Befeuchtung rasch wieder zum Leben erwachen. Dazu genügt der Morgentau.
Zusammengehalten wird die Lebensgemeinschaft mit Klebstoffen, die von den Organismen ausgeschieden werden und die einzelnen Bodenpartikel dauerhaft verbinden. Es bildet sich eine eigentliche Kruste, die verhindert, dass Wasser und Wind den spärlichen Boden abtragen. Intakte biologische Krusten sind deshalb ein wichtiger Erosionsschutz im Hochgebirge.
Viele Flechten und manche Bakterien können Stickstoff aus der Luft binden und dadurch die Fruchtbarkeit der jungen Böden erhöhen. Mehrere Kilogramm Stickstoff gelangen auf diese Weise pro Hektare und Jahr in die nährstoffarmen Rohböden. Die Lebewesen in der Kruste tragen somit wesentlich zur Bodenbildung bei.
In der Schweiz finden sich biologische Krusten vor allem in den Alpen und in Trockenrasen. Global betrachtet sind sie weit verbreitet und bedecken rund 50 Millionen Quadratkilometer, was etwa der fünffachen Fläche Europas entspricht. Besonders häufig sind sie in Trockengebieten und Kältewüsten.
Im Gegensatz zu den Krusten der Alpen sind sie dort gut untersucht. Die Biomasse der Krusten ist beachtlich: Diese enthalten etwa sieben Prozent des Kohlenstoffs, der weltweit von Pflanzen gebunden wird.
Während die kleinen Überlebenskünstler extrem robust sind, so ist die biologische Kruste als Ganzes äusserst empfindlich. Wissenschaftler konnten zeigen, dass ein Fussabdruck in der Antarktis während über 100 Jahren nachweisbar bleibt. Durch unkontrolliertes Begehen oder Befahren zerbricht die Kruste und wird der Erosion preisgegeben.
In den Trockenrasen der Schweiz bringt nicht nur eine Beweidung mit zu schweren oder zu vielen Tieren, sondern auch eine Düngung die Bodenkrusten rasch zum Verschwinden. So sind in der Schweiz viele Flechten und Moose in diesen Lebensräumen gefährdet. Damit die verletzlichen Krusten auch weiterhin ihre Funktionen erfüllen könnten, sei ein vorsichtiger Umgang mit dem fragilen Lebensraum notwendig, mahnt das BAFU.