Jacqueline Joos (54) fährt ihren schwerbehinderten Sohn Nino (28) ins Heim. Wie immer. Sie steht mit ihrem umgebauten VW Caddy in Stans an der Kreuzung Buochserstrasse bei der Autobahnausfahrt. Die Ampel schaltet von Rot auf Orange. Die Nidwaldnerin drückt aufs Gas.
Dann der Schock: Noch während des Anfahrens wird sie geblitzt. Wenig später flattert Joos eine Busse über 250 Franken ins Haus. Im Schreiben steht, dass sie 21,74 Sekunden an der Ampel gewartet hatte, bevor sie losfuhr. Ihr Vergehen nennt sich Schnellstart.
«Das ist reinste Abzocke», sagt Joos wütend. «Hier ziehen die Behörden Autofahrern das Geld aus der Tasche.» Sie wehrt sich und reklamiert zusammen mit ihrem Mann auf dem Polizeiposten. Erfolglos. Die Beamten erklärten ihr, dass zu frühes Losfahren ein Vergehen ist.
«Ich kam mir vor wie eine Schwerverbrecherin», sagt Joos. Sie fragt sich: «Wenn bei Orange geblitzt wird, weshalb wird dann nicht gleich von Rot auf Grün geschaltet?»
Die Lehrerin aus Beckenried NW zahlte die Busse schliesslich – zähneknirschend. Bei der Abteilung Verkehrstechnik der Kantonspolizei Nidwalden bestreitet man, dass an der Ampel abgezockt wird. «Sogenannte Schnellstarter werden vom Überwachungssystem erfasst und fotografiert», sagt der stellvertretende Leiter Hansruedi Röthlisberger. «Eine Ordnungsbusse ist die Folge.» Er betont, man müsse beim Anfahren warten, bis die Ampel auf Grün sei. Orange diene zur Vorbereitung. Im Gespräch habe man versucht, Jacqueline Joos entsprechend zu informieren. «Leider ohne Erfolg.»