IV-Gutachter erklärt Schwerdepressiven für arbeitsfähig – Anwältin Noëlle Cerletti fordert
Kein Gespräch ohne Kamera!

Rechtsanwältin Noëlle Cerletti kritisiert IV-Gutachter, die sich systematisch gegen Renten aussprechen. Im BLICK-Interview sagt sie, was aus ihrer Sicht falsch läuft. Sie fordert Video-Aufzeichnungen der Gespräche zwischen Arzt und IV-Bezüger.
Publiziert: 15.11.2019 um 23:16 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2019 um 09:42 Uhr
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Rechtsanwältin Noëlle Cerletti kritisiert IV-Gutachter: «Es gibt Ärzte, bei denen die Patienten von vornherein keine Chance auf eine faire Untersuchung haben.»
Foto: zVg
Interview: Anian Heierli

BLICK: Was sind die Probleme mit der heutigen Invaliden-Versicherung?
Noëlle Cerletti: Die Art und Weise wie Gutachten vergeben werden. Versicherte Personen haben kein Mitbestimmungsrecht bei der Wahl der Gutachter. Dagegen wird dem Wort der behandelnden Ärzte faktisch kein Gewicht zugemessen. Allgemein wird IV-Bezügern ein grundlegendes Misstrauen entgegengebracht.

Gibt es Ärzte, die systematisch für die IV arbeiten?
Ja, klar. Jeder, der in diesem Gebiet tätig ist, kann Namen nennen. Es gibt gewisse Ärzte und Institute, bei denen wir als Rechtsanwälte von vornherein sicher sein können, dass keine oder nur eine sehr kleine Arbeitsunfähigkeit attestiert wird.

Ist den Richtern dieses Problem nicht bekannt?
Die finanzielle Abhängigkeit zwischen Gutachtern und IV-Stellen wird von uns Anwälten immer wieder vorgebracht. Doch das Bundesgericht vertritt die Meinung, dass weder die Anzahl vergebener Aufträge an einen Gutachter noch das Honorarvolumen einen Grund darstellen, den betreffenden Arzt abzulehnen oder dessen Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen.

Was braucht es, damit das System fairer wird?
Gutachter, die mit IV-Aufträgen reich werden, dürfen nicht mehr länger als unabhängig betrachtet werden. Es ist eines Rechtsstaates wie der Schweiz unwürdig, dass solche Zustände geschützt werden. Zudem darf der Lohn eines Gutachters nicht davon abhängen, welche Ergebnisse er liefert. Für mich ist klar, dass die Untersuchung durch einen Gutachter von einer Kamera aufgezeichnet werden muss.

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