Herbert Zurbriggen (77) aus Saas-Grund VS schaut traurig auf die Glocken in seinen Händen. Sie sind das Einzige, was ihm von seinen gestohlenen Edel-Schafen geblieben ist. Schon seit über einem Jahr hält der Schafskrimi das Saastal in Atem.
Er begann im September 2014 bei der traditionellen Schafscheid in Saas-Almagell, bei der die Tiere nach der Rückkehr von Alp sortiert und an ihre Besitzer zurückgegeben werden. Es fehlten 103 Tiere.
Die Schafbesitzer waren verzweifelt. Ihre Schlappohr-Schafe gehören zur vom Aussterben bedrohten Rasse der Saaser Mutten. Zurbriggen: «Es waren schöne Zuchttiere darunter. Die kosten bis zu 500 Franken das Exemplar. Und man hat sie ja auch lieb gewonnen.»
In der Schweiz gibt es nur noch 435 Saaser Mutten: 400 im Saastal und 35 am Simplon. Die Alp, von der sie verschwanden, grenzt an Italien. Und von dort kamen die Diebe. Die Walliser Polizei hat in einer gemeinsamen Aktion mit ihren italienischen Kollegen die Täter ermittelt. Es sind Italiener aus dem Grenzgebiet.
Herbert Zurbriggen weiss von den Ermittlern: «Ein italienischer Bergbauer hat die Herde mit Hunden auf die italienische Seite gehetzt. Er wurde beobachtet und verzeigt.» Der Vater des Diebs und dessen Freundin verkauften die Schafe – vermutlich ans Schlachthaus. «Nur sechs wurden gefunden», sagt Zurbriggen, «in einem jämmerlichen Zustand. Sie hatten überall Bisswunden von Hunden. Zwei sind verendet.»
Angeklagt sind auch ein Veterinär und ein Metzger. In Saas-Grund herrscht Genugtuung: «Im April stehen alle vor Gericht. Wir sind froh, dass sie bestraft werden.» Auf eine finanzielle Entschädigung können die Schweizer Schafzüchter nicht hoffen: Die Diebe haben kein Geld. Immerhin bleiben die Glocken nicht lange im Schrank. Herbert Zurbriggen: «Die werden bald neuen Schafe umgehängt. Und die Muttertiere bekommen Sender. So schnell kommen sie uns also nicht mehr weg.»