Islam-Kennerin Saïda Keller-Messahli über die Korsika-Krawalle
«Der Burkini ist ein Kampfanzug des Islamismus»

Nach einem heftigen Streit mit Verletzten in Korsika verbieten drei weitere Städte in Frankreich Burkinis am Strand. Saïda Keller-Messahli, die sich für einen Fortschrittlichen Islam einsetzt, unterstützt das Verbot.
Publiziert: 17.08.2016 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:31 Uhr
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Sorgt für Diskussionen: Der muslimische Ganzkörper-Badeanzug.
Foto: AFP
Roman Rey

Überall in Europa wird über ein Burka-Verbot diskutiert. In Frankreich ist es bereits in Form eines Vermummungs-Verbots in Kraft, in der Schweiz im Tessin ebenfalls. Auch deutsche Politiker wollen den muslimischen Ganzkörper-Schleier untersagen.

Währenddessen ist Frankreich schon einen Schritt weiter: Mehrere Städte verbieten an ihren Stränden das Tragen von Burkinis, einem Badeanzug, der praktisch den ganzen Körper verdeckt. Der sozialistische Premierminister Manuel Valls hat am Mittwoch in einem Interview gesagt, er unterstütze das Verbot.

Saïda Keller-Messahli wünscht sich ein Burkini-Verbot in der Schweiz.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Saïda Keller-Messahli ist Gründerin und Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam. Sie findet, der Burkini soll verboten werden – auch wenn dort im Gegensatz zur Burka das Gesicht nicht verschleiert ist. Beide Kleidungsstücke würden auf dasselbe zielen: Die Unterdrückung der Frau und das Markieren von Präsenz.

BLICK: Ist das Burkini-Verbot in französischen Städten gerechtfertigt?
Saïda Keller-Messahli: Absolut. Der Burkini ist ein relativ neues Kleidungsstück, das als Instrument des politischen Islam zu deuten ist. Modedesigner haben diese Entwicklung erkannt und ein Geschäft daraus gemacht. Jene, die ihn trägt teilt den anderen Frauen mit, dass sie unanständig sind und dass der Anblick ihrer Haut unzumutbar ist. So werden Werte wie körperliche Freiheit und Gleichberechtigung im öffentlichen Raum pervertiert.  Es wäre aber falsch, den Burkini als reines Mode-Accessoire zu verharmlosen.

Sondern?
Der Burkini ist ein Kampfanzug des Islamismus. Es ist nur verständlich, dass Frankreich, das so unter dem islamistischen Terror gelitten hat, sagt: Das dulden wir bei uns nicht mehr.

Ohne Burkini müssen muslimische Frauen am Strand aber sehr viel Haut zeigen. Was, wenn ihnen dabei nicht wohl ist?
Erstmal vorweg: Die Ganzkörper-Verschleierung hat keine religiöse Grundlage. Millionen von Frauen in der islamischen Welt wünschen sich mehr Freiheit und Gleichberechtigung. Dazu gehört auch, dass sie sich öffentlich als Mensch zeigen dürfen. Islamistische Männer wollen den öffentlichen Raum aber nur für sich beanspruchen. Darum dulden sie dort Frauen höchstens verhüllt. Dahinter steht eine zutiefst undemokratische und frauenfeindliche Haltung. Wenn Islamistinnen unwohl ist, sollen sie bitte zuhause bleiben.

Beim Burkini wird – anders als bei der Burka – das Gesicht aber nicht verdeckt.
Ja, er ist sozusagen eine «Burka light» zum Baden. Die Logik dahinter aber ist dieselbe: Es gilt, möglichst viel vom weiblichen Körper aus dem öffentlichen Raum zu verbannen. Zu sehen sind nur Füsse, Hände und das Gesicht. Damit soll die Frau vorführen, dass sie muslimisch und somit eine «Heilige» im Vergleich zu allen anderen Frauen ist. Einem solchen Frauenbild liegt auch viel Rassismus zugrunde. Das dürfen wir nicht gutheissen.

Französische Politiker behaupten: Es gibt eine Verbindung zwischen Burkini und Terror.
Das sehe ich auch so. Es gibt auch psychologischen Terror. Radikale Muslime wollen einer demokratischen und liberalen Gesellschaft Regeln aufzwingen, die sie nicht will und die nicht zu ihrem Menschenbild gehören. Sie wollen auf hinterhältige Weise die demokratische Gesellschaft Scharia-konform machen. Dazu gehört primär die totale Verhüllung und räumliche Absonderung der Frau. Da fängt der Terror an.

Wie steht es mit dem Recht der Frau, selbst über ihre Kleidung zu entscheiden?
Das darf sie. Aber dann soll sie ihren Burkini an einem Ort tragen, wo sie keine anderen Leute damit belästigt, z.B. in ihrer Badewanne. Im Übrigen ist der freie Wille relativ. Wenn eine Stimmung herrscht, in der nur eine Art von Auftreten geduldet wird, hat eine Frau nur scheinbar die Wahl. Manchmal wirkt ein Verbot befreiend.

Würden sie auch in der Schweiz ein Burkini-Verbot befürworten?
Ja. Wir haben am Beispiel des Frauenbads Eglisee in Basel gesehen: Den Islamistinnen geht es nur darum, zu provozieren. Dort tauchten Burkini-Trägerinnen aus dem umliegenden Ausland auf. Das zeigt, wie Islamisten arbeiten. Sie wollen erreichen, dass die Leute Regeln akzeptieren, die ihre hart erkämpften Errungenschaften um ein Jahrhundert zurückwerfen. Auf den ersten Blick sind das Kleinigkeiten, doch es geht ihnen darum, die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen und ihrem Frauenbild umzugestalten.

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