Irrer Rechtsstreit
Schweizer verklagt Hawaii wegen Kriegsverbrechen

Der Unabhängigkeitskampf hawaiianischer Nationalisten beschäftigt die Schweizer Justiz. Sie sehen die USA als «Okkupationsmacht» und beschuldigen sie der Kriegsverbrechen. Die Schweiz soll wegen eines über 100 Jahre alten Friedensvertrags nun für ihre Rechte einstehen.
Publiziert: 22.04.2015 um 21:19 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:30 Uhr
Die Idylle trügt: Aus Sicht der hawaiianischen Unabhängigkeitskämpfer befindet sich Hawaii seit über 100 Jahren im Kriegszustand.
Foto: Getty Images

Auf Kosten der Schweizer Steuerzahler liefert sich die hawaiianische Unabhängigkeitsbewegung hierzulande einen Kampf mit den USA. Aus Sicht der Unabhängigkeitskämpfer stehen die Pazifikinseln seit über 100 Jahren unter Besatzung der Amerikaner. Ausgerechnet mit Hilfe der Schweizer Behörden wollen sie dem Joch der USA entkommen und wieder als Königreich anerkannt zu werden.

Ihre Hoffnung liegt dabei auf dem Bundesstrafgericht in Bellinzona. Seit Anfang Monat liegt der Fall bei den Tessiner Richtern. Ein Hawaiianer und ein Schweizer mit Wohnsitz auf Hawaii haben die USA bei der Schweizer Justiz der Kriegsverbrechen bezichtigt, unter anderem wegen Betrugs und «Plünderung durch ungerechtfertigte Erhebung von Steuern». Das berichtet «swissinfo.ch».

Denn, so die wirre Argumentation des hawaiianischen Anwalts, bei der Eintreibung der Steuern durch die «Okkupationsmacht» USA handle es sich um eine «nicht gerechtfertigte Aneignung von Gut in grossem Ausmass», wie ein Blick in die 178-seitige Beschwerde zeigt.

Klage basiert auf Vertrag von 1864

Die Klage wurde Anfang Jahr in der Schweiz eingereicht, weil die Eidgenossenschaft 1864 mit dem Königreich Hawaii einen Freundschaftsvertrag geschlossen hat. Er gelte noch heute, sind die Unabhängigkeitskämpfer überzeugt. Schliesslich sei er nie gekündigt oder durch einen anderen Vertrag abgelöst worden.

Im Falle des Hawaiianers steht zudem der Schweizer Banker Joe Ackermann im Visier der Kläger. Der «hawaiische Untertan», wie er sich selbst nennt, hat auf einer der Pazifikinseln nach US-Recht ein Haus gekauft. Später befand er, dass die USA als «Besatzungsmacht» gar nicht befugt war, den Kauf zu beglaubigen. Er weigerte sich in der Folge, die Hypothek abzubezahlen. Wogegen seine Bank, die Deutsche Bank unter dem Vorsitz von Ackermann, wenig überraschend intervenierte. Das Haus wurde zwangsversteigert, der sture Hawaiianer verhaftet. Vor der Bundesanwaltschaft reichte er in der Folge Beschwerde ein.

Bei der Bundesanwaltschaft abgeblitzt

Doch dieses ging auf seine Beschwerde – wie auch auf diejenige des Schweizers – nicht ein. Im Februar liess Andreas Müller, Staatsanwalt des Bundes, dem Anwalt eine Nichtanhandnahmeverfügung zukommen. «Die Anwendung des Kriegsvölkerrechts setzt einen bewaffneten Konflikt bzw. die vollständige oder teilweise Besetzung des Gebiets einer Vertragspartei der Genfer Abkommen voraus», heisst es im vierseitigen Dokument.

Hawaii werde heute als Teil der USA anerkannt. Eine Neubeurteilung der Annexion durch die USA sei «nicht Aufgabe der Schweizer Bundesanwaltschaft». Und auf der letzten Seite wird festgehalten: «Die Kosten gehen zu Lasten des Staates.»

Der hawaiianische Anwalt, ein prominentes Gesicht der Unabhängigkeitsbewegung Hawaiis, gab sich damit nicht zufrieden. Er zog den Fall weiter ans Bundesstrafgericht. Nun müssen sich die Richter erneut mit der hawaiianischen Geschichte befassen. Wohl auch dieses Mal auf Kosten der Schweiz. (lha)

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