Abstimmung über die erleichterte Einbürgerung. Die wichtigsten Fragen und Antworten werden in unserem praktischen Video erklärt
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Ingenbohl SZ verweigert Pass
Irakerin sagte 204 Mal «Äh...» bei Einbürgerungstest

Sie lebt seit 20 Jahren in der Schweiz, ist integriert, hat ein Deutsch-Diplom – dennoch verweigerte die Gemeinde Ingenbohl SZ einer Irakerin den Schweizer Pass. Mit fadenscheinigen Gründen. Vom Bundesgericht kassierte die Behörde deshalb einen Rüffel.
Publiziert: 07.08.2019 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2019 um 11:26 Uhr
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Die Irakerin blitzte in Ingenbohl SZ ab und zog deswegen nun bis vors Bundesgericht.
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Ein irakisches Ehepaar lebt seit 20 Jahren in Ingenbohl im Kanton Schwyz. Beide sind laut «Bote der Urschweiz» gut integriert, er hat im zweiten Anlauf den Schweizer Pass gekriegt – doch seine Frau kämpft gegen Widerstände in der Gemeinde. 

Die Mutter zweier Kinder ist sozial integriert, engagiert sich im Samariterverein, hat die verlangten geografischen und staatspolitischen Kenntnisse, doch bei der Einbürgerungsbehörde in Ingenbohl beisst sie auf Granit. Angeblicher Grund: ihre Deutschkenntnisse. 

Beim Gespräch mit der Kommission hatte diese ein Gesprächsprotokoll und Tonbandaufnahmen angefertigt. Dagegen zog die Frau bis vor Bundesgericht.

Wortprotokoll einseitig verfasst 

Einerseits habe sie der Aufzeichnung des Gesprächs nicht zugestimmt, und sie sei durch die unüblichen Tonaufnahmen verunsichert worden. Andererseits seien ihre Aussagen einseitig protokolliert worden. Obwohl es sich nicht um ein Wortprotokoll handelt, werden darin auch die «Ähs» aufgeführt, wie der «Bote» berichtet. Die Irakerin hat selbst nachgezählt und ganze 204 davon gefunden.

Die Bundesrichter bringen wegen der Art und Weise, wie die Protokolle geschrieben wurden, gewisse Bedenken zum Ausdruck. Allerdings lassen sie dies der Behörde noch durchgehen. Doch an anderer Stelle kassiert sie einen Rüffel: «Die Gemeinde hat der Beschwerdeführerin die erforderlichen Sprachkenntnisse willkürlich abgesprochen», hält es in seinem Urteil fest. 

Sprachdiplom vorgewiesen

Denn die Irakerin wies ein Sprachdiplom des Berufsbildungszentrums Pfäffikon SZ vor. Aus Sicht des Bundesgerichts sind die Verantwortlichen gar nicht dazu imstande, das sprachliche Niveau korrekt und anhand des vorgegebenen Referenzrahmens zu beurteilen. 

Und mit Blick auf ihre Tätigkeit beim Samariterverein halten die Richter fest: Es sei nur schwer vorstellbar, wie die Beschwerdeführerin eine derart aktive Rolle übernehmen kann, wenn sie nicht über das für die Einbürgerung verlangte Deutschniveau verfügen würde.

Jetzt hat die Gemeinde zwei Möglichkeiten: Sie kann das Gemeindebürgerrecht erteilen. Oder sie kann weitere sprachliche Abklärungen treffen. In diesem Fall müsste sie jedoch gewährleisten, dass sie über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt. (neo)

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