In Interlaken zahlen die Golf-Touristen fast jeden Preis
Reich dank Scheich

Interlaken wird von Touristen aus den Golfstaaten überrannt. Tourismusdirektor Stefan Otz ist begeistert, die Schweizer Touristen jedoch nicht.
Publiziert: 29.08.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 19:34 Uhr
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Die Touristen aus der Golfregion geben in Interlaken 500 Franken pro Tag aus.
Foto: Peter Gerber
Von Gabriela Battaglia

Die Schweizer Hotellerie jubelte diese Woche: Im ersten Halbjahr 2015 verbrachten mehr Schweizer ihre Ferien im Inland als 2014. Nicht so in Interlaken BE: Dorthin kamen acht Prozent weniger Schweizer. Trotzdem reibt man sich im Berner Oberland die Hände. Touristen aus den Golfstaaten überrennen den 5500 Einwohner zählenden Ort. Schwarz verhüllte Araberinnen prägen das Bild. Sie kommen aus Saudi-Arabien, Katar oder Kuwait.

Nicht begeistert sind Schweizer Touristen. Die Araber treiben die Hotelpreise in die Höhe. Ein Doppelzimmer in Interlaken kostet diesen Sommer fast 30 Prozent mehr als letztes Jahr. Die ausländischen Gäste zahlen diese Preise, die Unterkünfte sind äusserst rar. Das Fünf­sternehotel Victoria-Jungfrau ist beinahe ausgebucht. Am Donnerstag gab es nur noch vier freie Suiten. Kosten pro Nacht: 1063.50 bis 4003.50 Franken.

In Interlaken will man nichts von Abzockerei wissen. Tourismusdirektor Stefan Otz (49) wehrt sich gegen die Vorwürfe: «Wir haben keine Wucherpreise. Die Preise sind lediglich eine Momentaufnahme.» Die Araber kämen nur in den sechs Wochen nach dem Ramadan. «Sie sind bereit, fast jeden Preis zu bezahlen. Wir sind in der kurzen Sommerperiode dankbar für diese Gäste. Es spielt nun mal das Gesetz von Angebot und Nachfrage.»

Arabische Touristen geben in Interlaken pro Tag 500 Franken aus. Sie stehen auf alles, was teuer ist. Kurz vor Ladenschluss um 22 Uhr posten drei schwarz verhüllte Touristinnen Zimmerli-Unterwäsche. Die Araber sind begeistert von der Schweiz. «Wir haben noch nie Seen in solch fantastischen Farben gesehen», sagt der Saudi Hassan Shaker (36). Und: «Die Preise sind in Ordnung.»

Gerne essen sie in Fastfood- und arabischen Restaurants. «Die Gäste aus den Golfstaaten bringen viel Geld», freut sich Bilal Butt (44), der gerade sein zweites Lokal eröffnet hat.

Inländer besuchen Interlaken vor allem am Wochenende. «Sie kommen meist nur zum Gaffen», sagt Erwin Schranz (63), der bei einer Autovermietung arbeitet. «Man will die ausländischen Gäste. Darum braucht es auch eine gewisse Toleranz.»

2014 kamen 90'000 Araber nach Interlaken. Dieses Jahr sind es schon jetzt mehr. Interlaken will die Scheichs nun auch im Winter anlocken – mit speziellen Attrak­tionen in Schnee und Eis.

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