Diplomaten sind seriös bei der Arbeit und zurückhaltend im Auftritt – so das gängige Klischee. Raoul Imbach erfüllt das nur zur Hälfte. Der 59-jährige Walliser ist seit 30 Jahren im diplomatischen Dienst des Aussendepartements EDA, derzeit als Botschaftsrat der Schweizer Vertretung in der philippinischen Hauptstadt Manila.
Salsa und Hip-Hop
Doch nach Feierabend wechselt er den Anzug gegen T-Shirt und Basecap – und lässt es mit seiner Band Wild Tortillas gehörig krachen. Dann verwandelt sich der seriöse Angestellte in den singenden Diplomaten – mit Salsa-Rhythmen oder Hip-Hop.
Und das mit einigem Erfolg: Der Song «Bini Bini», was in der lokalen Sprache so viel wie «Fräulein» bedeutet, ist ein veritabler Hit in Manila. Der in der Schweiz völlig unbekannte Imbach füllt dort mittelgrosse Konzertsäle.
Dieses Doppelleben ist nicht neu: Vor seinem Engagement auf den Philippinen war Imbach in Costa Rica, Russland, Korea, Bolivien, Los Angeles und Vietnam stationiert – und überall machte er Musik. Von jeder seiner Auslandstationen gibt es ein Album.
Die Schweiz als fröhliches Land
Hat er keine Angst, mit dem unkonventionellen Nebenjob dem Ruf der Schweiz zu schaden? «Das Bild der Schweiz, das ich mit meiner Musik vermittle, ist das eines fröhlichen, dynamischen und offenen Landes», sagte er unlängst gegenüber der Zeitung «Le Temps». Kritik habe es intern nie gegeben, allenfalls von anderen Botschaften. «Die waren wahrscheinlich ein wenig eifersüchtig», sagt er.
Das Aussenministerium hat tatsächlich kein Problem mit der schrillen Seite seines Top-Diplomaten. Im Gegenteil: 2012 spielte er mit seiner Band gar am EDA-Weihnachtsfest in Bern. Die kulturellen Tätigkeiten von Diplomat Imbach gehören laut einem EDA-Sprecher zu seiner Privatsphäre. Solche Tätigkeiten seien unbedenklich, solange sie den Interessen des EDA nicht zuwider laufen würden. Für die Nebentätigkeiten, die Imbach in seiner Freizeit ausübe, liege zudem eine Bewilligung des EDA vor.
Nächster Halt: Talkshow-Gastgeber
Seine diplomatische Mission auf den Philippinen hat Imbach im April beendet. Doch er bleibt den Philippinen noch eine Weile erhalten: Er hat ein unbezahlten Urlaub geplant, eine einjährige Auszeit aus dem diplomatischen Dienst. Und versucht einmal mehr etwas Neues. Auf einem lokalen TV-Sender wird er eine Talkshow moderieren. «Ein Abend mit Raoul» soll sie heissen. Es wird Gespräche geben, Musik, und – wie es sich für einen Walliser gehört – auch mal ein Raclette.
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