Importstopp für Salami aus mehreren norditalienischen Regionen
Vor der Schweizer Grenze grassiert die Afrikanische Schweinepest

In Piemont und Ligurien wurden erste Wildschwein-Kadaver gefunden, die mit dem tödlichen Virus infiziert waren. Jetzt sind auch die Schweizer Behörden, Schweinebauer und Wursthersteller alarmiert.
Publiziert: 24.01.2022 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2022 um 08:24 Uhr
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Sie sorgen in Piemont und Ligurien für Angst und Schrecken: Infizierte Wildschweine. Bei bislang acht Kadavern wurde die Afrikanische Schweinepest festgestellt.
Foto: imago images
Myrte Müller

In Norditalien ist die Afrikanische Schweinepest ausgebrochen – das bereitet auch Schweizer Fleischproduzenten Sorgen. Für Wild- und Hausschweine ist das Virus hoch ansteckend und zu 90 Prozent tödlich. Weder ist eine Heilung möglich, noch gibt es eine Impfung dagegen. Bislang betroffen sind 78 Gemeinden in Piemont und 36 in Ligurien.

Das Seuchengebiet beginnt nur 135 Kilometer von der Tessiner Grenze entfernt. Daher geht auch in der Schweiz die Furcht vor einer Epidemie um. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) liess sofort alle Transporte von Schweinen und Fleischwaren aus dem italienischen Seuchengebiet stoppen. Schweizer Schweinebauern wurden aufgefordert, keine Essensreste an Schweine zu verfüttern, den Zugang zu den Ställen und die Umzäunung zu kontrollieren und eine Hygieneschleuse einzurichten.

Keine Salami und keinen rohen Schinken mitbringen!

An Reisende aus den betroffenen italienischen Regionen, insbesondere Tierhalter, Saisonarbeiter auf landwirtschaftlichen Betrieben und Fernfahrer, richtet das BLV diese dringenden Hinweise: «Bringen Sie keinen Reiseproviant (Fleisch- und Wurstwaren) aus den betroffenen Gebieten mit. Das Verfüttern von Küchenabfällen an Haus- und Wildschweine ist verboten. Entsorgen Sie generell Speiseabfälle in verschlossenen Müllbehältern.» Und Jäger sollen auf Jagdtrophäen verzichten.

Die Afrikanische Schweinepest sei für den Menschen zwar völlig ungefährlich, betont Kantonsveterinär Luca Bacciarini (55). «Doch er kann das Virus beispielsweise auf seiner Kleidung oder in Lebensmitteln transportieren.» Ein verseuchtes Sandwich würde schon reichen. Daher ist die Sorge gross, dass das Virus nicht nur direkt über Wildschweine, sondern auch über Touristen in die Schweiz eingeschleppt werden könnte. Man müsse jetzt darauf achten, dass die Wildschweine im Sperrgebiet blieben und nicht durch die Jäger oder Ausflügler in Richtung Norden getrieben würden, sagt Bacciarini weiter.

Die ersten Schweine werden gekeult

In Piemont, in der Provinz Alessandria, wurden Anfang Januar erste Wildschwein-Kadaver entdeckt. Diese waren durch das Virus verendet. Die Jäger fanden acht infizierte Tiere. Sie hatten sich im Grenzgebiet von Piemont und Ligurien bewegt. Schätzungsweise 20'000 Tiere sind direkt gefährdet.

Die Behörden handelten sofort. Für die kommenden sechs Monate wird die Jagd eingestellt. Wandern, Pilze und Trüffel sammeln sowie Mountainbike fahren sind streng verboten. Seit vergangener Woche müssen erste Schweinehalter ihre Tiere keulen. Bis zum Sommer darf nicht gezüchtet werden und kein Frischfleisch aus der roten Zone geschafft werden.

Vor allem die Nachbarregionen Lombardei und Emilia-Romagna zittern. Wurstwaren wie Parmaschinken zählen zu den Exportschlagern. Über 30'000 Menschen sind in diesem Industriezweig beschäftigt. Italien ist mit neun Millionen Schweinen und einem Umsatz von acht Milliarden Euro der siebtgrösste Fleischproduzent der EU.

Von Osteuropa über Deutschland nach Italien

Eingebrannt haben sich die Bilder aus China. Als 2018 dort die Afrikanische Schweinepest ausbrach, mussten Millionen von Schweinen notgeschlachtet werden. Seit einigen Jahren hat auch Osteuropa mit der Epidemie zu kämpfen. Und vor einem Jahr meldete auch Deutschland infizierte Wildschweine aus Polen.

In der Schweiz ist bislang kein Fall bekannt. Doch das kann sich schnell ändern. «Dass das Virus nun auch im Süden auftritt, macht uns grosse Sorgen», sagt Raphael Helfenstein, Agrotechniker beim Verband für Schweinehaltung (Suisseporcs). Für die Schweizer Schweinebauern wäre eine Epidemie existenzbedrohend, denn, so Helfenstein, «für einen möglichen Betriebsausfall kommt keine Versicherung auf».

Noch recht gelassen reagiert der führende Wurstwarenhersteller im Tessin, die Rapelli AG. «Im Moment ist die Schweinepest für uns kein Grund zur Sorge. Wir folgen wachsam den offiziellen Informationskanälen», sagt Marketing-Direktor Fabio Scartezzini (47). «Wir stehen in engem Kontakt mit verschiedenen Fleischimporteuren, um die Entwicklungen zeitnah zu verfolgen. Da wir hauptsächlich aus der Deutschschweiz stammendes Schweizer Fleisch verarbeiten, sind wir in der gleichen Situation wie alle Schweizer Produzenten: Es geht nicht so sehr um die Nähe des Piemont zum Tessin, sondern um eine mögliche Einschleppung der Pest in unser Land.»

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