Immer weniger Autopsien möglich
Der Schweiz gehen die Leichen aus

Autopsien sind wichtiger Bestandteil in der Ausbildung von angehenden Ärzten. Doch in der Schweiz will kaum noch jemand nach dem Tod seinen Körper für die Wissenschaft zur Verfügung stellen.
Publiziert: 22.02.2015 um 19:43 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 02:00 Uhr
In der Schweiz geht die Zahl der für eine Autopsie freigegebenen Leichen stetig zurück.
Foto: Friedrich Ammann

Ganz egal ob «Tatort», «Der Bestatter» oder eine der zahlreichen Ärzteserien: Kaum eine Sendung kommt ohne die bekannten Autopsie-Szenen aus. Die Realität sieht indes anders aus. In der Schweiz werden immer weniger sogenannte «postmortale Untersuchungen» durchgeführt – aus Mangel an Leichen.

Im Vergleich zu früheren Jahren ging die Zahl der Autopsien massiv zurück, schreibt die «Schweiz am Sonntag». In Bern beispielsweise wurden noch vor 20 Jahren über 1000 Untersuchungen durchgeführt. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal noch 156. Auch gesamtschweizerisch werden viel weniger Autopsien durchgefüht. Von jährlich über 8000 Untersuchungen 1993 ist die Zahl heute den Tiefstwert von noch knapp 2000 gesunken.

«Autopsie wird heute deutlich öfter abgelehnt»

Eine Ursache für den massiven Rückgang liegt bei den Kantonen. Vielerorts ging man in den vergangenen 15 Jahren von der Widerspruchslösung über zur Zustimmungslösung. Damit braucht es die Einwilligung der Patienten oder der Angehörigen für eine Autopsie. Seither fehlt es an zur Verfügung gestellten Leichen: «Die Angehörigen lehnen eine Autopsie heute deutlich öfter ab», sagt Gieri Cathomas, Chefarzt der Pathologie am Kantonsspital Baselland.

Auch das Geld spielt eine Rolle: Eine klinische Autopsie kostet zwischen 1000 bis 2000 Franken. Diese Beträge werden nicht von der Krankenkasse gedeckt und belasten somit das Spitalbudget.

Der Autopsie haftet ein schmuddeliger Ruf an

Für Aurel Perren, Direktor des Instituts für Pathologie in Bern, ist diese Entwicklung nicht unproblematisch. «Wenn die Zahl der Autopsien weiter abnimmt, leidet die Ausbildung der angehenden Mediziner.» Die Untersuchungen seien nötig, um das Verständnis von Krankheiten zu verbessern und um Behandlungsmethoden entwickeln zu können.

Perren fordert zur Verbesserung der Situation einen Imagewandel. Der Autopsie hafte ein schmuddeliger Ruf an, dabei sei genau das Gegenteil der Fall. Zudem sei ein Modernisierungsschub nötig: «Heute sehen Autopsien fast gleich aus wie vor 100 Jahren. Das müssen wir verbessern.»

Im Gegensatz zur Autopsie hat die Zahl der Körperspenden in der Vergangenheit zugenommen, wie die «Schweiz am Sonntag» weiter schreibt. Während die Autopsie vor allem die Todesursache und Krankheiten untersucht, werden Körperspenden speziell präpariert und haltbargemacht. Damit soll Medizinstudenten gezeigt werden können, wie ein gesunder Körper im Inneren aussieht. (cat)

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