Google verfolgt jede Regung seiner Nutzer. Für Strafverfolger sind diese Informationen des Internetkonzerns ein Schatz. Denn sie können helfen, Verbrechen aufzuklären.
Schweizer Behörden setzen deshalb zunehmend auf die Daten des US-Tech-Riesen. Zahlen aus dem neusten Transparenzbericht des Suchmaschinen-Konzerns belegen: Im ersten Halbjahr 2018 stellten Bundesbehörden und kantonale Staatsanwaltschaften bei Google mehr als 300 Gesuche, in denen sie Daten von Nutzern verlangten. Insgesamt waren von den Ermittlungsmassnahmen zwischen Januar und Juli 400 Schweizer User betroffen – so viele wie noch nie.
Der Bericht zeigt aber auch: In mehr als der Hälfte aller Fälle verweigerte der Google-Rechtsdienst jegliche Auskunft.
Auch über die Gründe seiner Zurückhaltung schweigt sich das Unternehmen aus. Eine Erklärung könnten fehlende rechtliche Grundlagen sein, aber auch ungenügend begründete Gesuche.
Bei Google heisst es auf Anfrage, man prüfe alle Auskunftsersuchen genau und gebe Informationen nur im zulässigen Umfang heraus. Der Schutz von Nutzerdaten habe einen sehr hohen Stellenwert.
Intensivere Kooperation
Thomas Dayer, Sprecher des Bundesamts für Polizei (Fedpol), bestätigt gegenüber SonntagsBlick: «Die Kooperation mit Google hat sich in den vergangenen Jahren intensiviert.» Für die Strafverfolgungsbehörden sei es «unverzichtbar», den Zugang zu den notwendigen Informationen zu erhalten. Deshalb suche man proaktiv die Zusammenarbeit.
Allerdings wird im Transparenzbericht nicht offengelegt, bei welchen Verdachtstatbeständen sich die Schweizer Behörden an Google wenden und was genau sie wissen wollten. Bei einem Grossteil der Fälle dürfte es sich um Betrug, Extremismus oder Kinderpornografie handeln.
Klar ist: Die Besitzernamen von Mailadressen oder Youtube-Konten, aber auch Suchverläufe können Täter überführen. So wie kürzlich im schottischen Aberdeen, wo ein 16-jähriger Schüler von einem Mitstudenten umgebracht wurde. Bei der Tatvorbereitung googelte der Mörder: «Wie wird man jemand Nerviges los?» Die Suchmaschine als Informationsmedium für einen Straftäter war gleichzeitig Aufklärungswerkzeug für die Polizei.
Die Türkei bekommt gar keine Daten
Der Transparenzbericht schlüsselt auf, aus welchen Ländern Google die meisten Anfragen erhält. Den grössten Datenhunger haben demnach mit Abstand die USA. Deren Sicherheitsbehörden fragten in den ersten sechs Monaten des Jahres Daten von 62'000 Nutzern ab – knapp die Hälfte aller Anfragen weltweit.
Hinter den USA folgen Indien mit 10'600 betroffenen Nutzern, Deutschland mit 10'200 und Brasilien mit 9300.
Auch der Prozentsatz der Auskunftsersuchen, denen Google stattgibt, variiert stark. An die USA leitete der Internetkonzern in 82 Prozent aller Fälle Daten weiter, an die Türkei überhaupt nie.
Der Bericht des Internetriesen führt auch behördliche Versuche auf, Google zum Löschen inkriminierter Inhalte zu bewegen.
2017 stellten Schweizer Strafverfolger 84 solche Gesuche, die Mehrheit davon aus Datenschutzgründen, wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit oder aufgrund von Verleumdungen.