Spass in Erstfeld
Der Kanton Uri feiert. Sich selbst und den Jahrhundertbau. An jeder Ecke zelebrieren die Einheimischen in Erstfeld Schweizer Kultur: Handwerker lassen sich über die Schulter blicken, Kapellen spielen lüpfige Ländlermusik, Trachtengruppen schwingen das Tanzbein, und Bauern verkaufen Leckereien.
Der grosse Zuschaueransturm bringt Hans Gisler (51) nicht aus dem Konzept. Seelenruhig schnitzt der Bildhauer aus Baumstämmen seinen Lieblingshelden in Lebensgrösse. In stundenlanger Feilarbeit entsteht so ein mächtiger Wilhelm Tell mit geschulterter Armbrust. «Er ist eine Symbolfigur. Und klar, ich glaube, es gab ihn wirklich.»
Madlen Arnold (31) ist ebenso ein Publikumsmagnet. Die Käserin aus den Urner Alpen sieht aus wie die Innerschweizer Version der Romanfigur Heidi. Lachend bringt sie ihre Produkte unter die Besucher: «Unser Käse ist super. Wir machen ihn mit frischer Milch und ganz viel Liebe.»
Selbst der anhaltende Regen schadet der Stimmung nicht. Anton Brücker (68) spaziert übers Festgelände und zieht genüsslich an seiner Pfeife: «Als Monteur installierte ich im Neat-Tunnel Förderbänder», sagt er. «Es ist toll, wenn man Teil eines Jahrhundertprojekts ist.»
Dennoch fährt er bewusst nicht durch den 57 Kilometer langen Tunnel. «Da sieht man ja nichts», sagt er. «Ich nehme lieber die alte Strecke über den Gotthard. Ein richtiger Urner geniesst halt seine Berge.»
Sonnenschein in Pollegio
Am letzten Festtag gehts am Südportal nochmals hoch zu und her. Sonne wie bestellt. Schlemmer-Programm. Blaskapelle, Alphorn-Ständchen, ein Multikulti-Chor – und viel Zukunftsmusik. Vor allem die Kinder staunen über Roboter, fahrerlose Busse und Hightech-Simulation. Andreas (16) aus Olten SO probiert eine 3D-Brille und ist baff: «Man fährt durch den Tunnel als wäre man die Lok.» Elia (10) aus Camorino TI findet das Ganze einfach nur: «Toll!»
Ernst Zehr (67) und Margrit Aeschlimann (64) aus Zwingen BL sind seit 4.30 Uhr auf den Beinen: «Eigentlich meiden wir Tunnel. Doch die Fahrt durch den Basistunnel muss sein. Schliesslich gehören wir zu den Allerersten.»
Nicht nur historische Momente locken, sondern auch der Pavillon Piazza Ticino. Hier gibts Käse aus dem Tal, Schinken vom Feinsten, Gebäck und Kunsthandwerk. Ernst Zehr bleibt am Wurststand stehen. Lebensgefährtin Margrit liebäugelt mit einem Collier aus Gotthardgranit-Steinchen. «Leider ein wenig teuer», sagt die Rentnerin. «Aber die feine Salami nehme ich.»
Nebenan schenkt Piero Tenca (65) Gotthard-Wein ein. Extra fürs Fest verschnitten. «Ausgezeichneter Tropfen und gar nicht teuer», so der Präsident der Schweizer Sommeliers.
Rustikal geht es im Alptransit-Grotto zu. Hüttenwart Peter Straub (56) rührt eine Megapolenta: «Das reicht für 750 Portionen. Tunnelfeiern macht hungrig», sagt er.
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Wieso sind wir so fasziniert von einem Loch? Weil uns die Präzision der Ingenieure, die Ästhetik des Bauwerks, die pünktliche Vollendung Tränen des Stolzes in die Augen treiben. Auch unserer Verkehrsministerin Doris Leuthard während ihrer Ansprache. Perfektion ist sexy. Sie zeigt sich nicht an der Peripherie, sondern im Schoss der Schweiz. In ihrem Innersten, im Gotthard. Er ist für uns ein magischer Ort, nicht zum Verweilen, sondern als Versprechen von Süden, Sehnsucht, Sünde. Wir wollen freie Fahrt bis zum Mittelmeer.
Wir spüren alle die seit Jahrhunderten drängende historische Mission, dieses mythische Massiv zu durchlöchern, die Nord-Süd-Weltachse zu knacken. Jetzt sogar an der Basis des Gotthards. Unsere Ingenieure haben mit der Flachbahn die Ideallinie gefunden. Geradliniger gehts nicht mehr durch den Berg. Die Mission ist erfüllt. Wir teilen dieses intime Glück der Tunneleröffnung mit ganz Europa. Und sind so grosszügig, den Deutschen und Italienern sogar die Zubringer zu diesem Jahrtausendbauwerk mitzufinanzieren. Das Ausland ist so grosszügig, uns mit Lob zu überschütten. Für unsere Professionalität, für die Ingenieurskunst und Weitsicht.
Wir nehmen auch den viel bemühten Vergleich mit dem Uhrwerk gerührt hin. Und staunen angesichts dieser paneuropäischen Verbrüderung und Angela Merkels Lob («Wunderwerk der Technik») über das zumindest indirekt angedeutete Unvermögen, selbst Grossbauprojekte durchzuziehen. Etwas einen Flughafen. Unsere Tunnelplaner brächten sicher auch dieses Projekt zum Fliegen. Man müsste sie nur fragen. Aber klar ist es schwierig, unsere Emotionen für ein Loch, das während 57 Kilometern gleich aussieht, rational zu erklären. Eigentlich geht das nicht, man muss es spüren.
Wieso sind wir so fasziniert von einem Loch? Weil uns die Präzision der Ingenieure, die Ästhetik des Bauwerks, die pünktliche Vollendung Tränen des Stolzes in die Augen treiben. Auch unserer Verkehrsministerin Doris Leuthard während ihrer Ansprache. Perfektion ist sexy. Sie zeigt sich nicht an der Peripherie, sondern im Schoss der Schweiz. In ihrem Innersten, im Gotthard. Er ist für uns ein magischer Ort, nicht zum Verweilen, sondern als Versprechen von Süden, Sehnsucht, Sünde. Wir wollen freie Fahrt bis zum Mittelmeer.
Wir spüren alle die seit Jahrhunderten drängende historische Mission, dieses mythische Massiv zu durchlöchern, die Nord-Süd-Weltachse zu knacken. Jetzt sogar an der Basis des Gotthards. Unsere Ingenieure haben mit der Flachbahn die Ideallinie gefunden. Geradliniger gehts nicht mehr durch den Berg. Die Mission ist erfüllt. Wir teilen dieses intime Glück der Tunneleröffnung mit ganz Europa. Und sind so grosszügig, den Deutschen und Italienern sogar die Zubringer zu diesem Jahrtausendbauwerk mitzufinanzieren. Das Ausland ist so grosszügig, uns mit Lob zu überschütten. Für unsere Professionalität, für die Ingenieurskunst und Weitsicht.
Wir nehmen auch den viel bemühten Vergleich mit dem Uhrwerk gerührt hin. Und staunen angesichts dieser paneuropäischen Verbrüderung und Angela Merkels Lob («Wunderwerk der Technik») über das zumindest indirekt angedeutete Unvermögen, selbst Grossbauprojekte durchzuziehen. Etwas einen Flughafen. Unsere Tunnelplaner brächten sicher auch dieses Projekt zum Fliegen. Man müsste sie nur fragen. Aber klar ist es schwierig, unsere Emotionen für ein Loch, das während 57 Kilometern gleich aussieht, rational zu erklären. Eigentlich geht das nicht, man muss es spüren.