Ihr Gesicht hinter Schals, unter Mützen und Kapuzen versteckt: So schleichen die 16 angeklagten FCB-Ultras gestern Morgen zum Strafgericht Basel-Stadt. Sie wollen unerkannt bleiben, ziehen ihre Köpfe ein, blicken zu Boden. Die Stimmung ist aufgeheizt. Denn die Chaoten sind für die wüsten Szenen der Schlacht beim Joggeli in Basel verantwortlich (BLICK berichtete).
Der 10. April 2016 ist ein dunkler Tag in der Vereinsgeschichte des FC Basel. Auf der Eventplattform bei der Muttenzerkurve, dem Fan-Sektor der Basler Fussballanhänger, kommt es zu wüsten Ausschreitungen. Nach dem 2:2-Unentschieden beim Heimspiel gegen den FC Zürich bildet sich ein wütender Mob von rund 150 Personen, macht Front gegen die Polizei. Die Situation eskaliert. Die Szenerie gleicht einem Schlachtfeld. Die Polizei wird mit Pyros, Glasflaschen und Fahnenstangen attackiert, neun Beamte werden verletzt, teilweise spitalreif geprügelt.
«Ich habe mich wegen des Tränengases vermummt»
Jetzt stehen 16 der Chaoten von damals vor Gericht. Sie sind eingefleischte FC-Basel-Fans: 14 Schweizer, ein Deutscher und ein Spanier – vom Landschaftsgärtner und Logistik-Mitarbeiter über den Koch bis zum Studenten. Den Männern, die mittlerweile zwischen 23 und 37 Jahre alt sind, wird Landfriedensbruch sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zur Last gelegt.
Etliche sind vorbestraft, haben eine einschlägige Vergangenheit. In der Szene sind die Chaoten keine Unbekannten, gehören sie doch teilweise der militanten FCB-Gruppierung «187» an. Ausserdem sind Einzelne wegen diverser weiterer Verstösse wie Körperverletzung, Sachbeschädigung sowie Widerhandlungen gegen das Waffengesetz, Betäubungsmittelgesetz, Vermummungsverbot und Stadionverbot angeklagt. Fast die Hälfte sass daraufhin bis zu sechs Wochen in U-Haft.
Im Stadion sind sie brutal, aber mit ihren Gewalttaten vor Gericht konfrontiert, werden sie plötzlich kleinlaut und schweigsam: Grösstenteils wollen sie sich nicht näher zu ihren Krawallexzessen vor vier Jahren äussern. «Dazu sage ich nichts», heisst es immer wieder seitens der Angeklagten. Nur Einzelne räumen tatsächlich ihre Tat ein – und das auch nur zum Teil. Statt schlagender Argumente gibts dünne Ausreden. «Ich habe mich wegen des Tränengases vermummt», sagt einer der Angeklagten. Reue und Einsicht klingen anders.
FCB-Chaoten sehen Schuld bei «unverhältnismässigem Polizeieinsatz»
Ergreift dann – auf Rückfrage der Gerichtspräsidentin – doch einer das Wort, wird die Schuld schnell bei den anderen gesucht. Dabei kritisieren sie überwiegend den in ihren Augen «unverhältnismässigen Polizeieinsatz» an jenem Tag. Einer behauptet, dass die Polizei Gummischrot abgefeuert habe, kaum hätten die Fussball-Fans das Stadion verlassen.
Doch die Aufnahmen der Überwachungskameras, die im Zuge des Beweisverfahrens vor Gericht abgespielt werden, zeichnen ein anderes Bild. Sie zeigen vielmehr die rohe, sinnlose Gewalt, mit der die Chaoten auf Kollisionskurs mit den Sicherheitskräften gingen. Mit Fussball hat das nichts mehr zu tun.
Dennoch: Die FCB-Ultras geben sich geläutert. Kontakte in die Fan-Szene würden kaum noch bestehen. Nicht zuletzt, weil damals alle 16 Krawallmacher ein dreijähriges Stadionverbot kassiert hatten. Zu ihrer Person befragt, beteuern sie, ihr Leben in den vergangenen Jahren umgekrempelt zu haben.
Tatsächlich wurden einige Familienväter, andere wiederum haben Weiterbildungen gemacht. Doch das täuscht nicht über ihren gewaltbereiten Kern hinweg. Letztlich will niemand an den Krawallen beteiligt gewesen sein. Doch die traurige Bilanz der Krawalle beim Joggeli bleibt: elf Verletzte und über 100'000 Franken Sachschaden.
Der Prozess ist auf insgesamt neun Tage angesetzt, das geforderte Strafmass noch nicht bekannt.