«Ich hatte Angst und Panik»
Das sagt der Amok-Fahrer zum Höllenritt

Mit einem Mann auf der Motorhaube raste ein Taxifahrer mit irrem Tempo über die Autobahn. Wie kam es zu dieser filmreifen Szene? Der Taxifahrer musste sich nun vor Gericht erklären.
Publiziert: 02.07.2015 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:29 Uhr
Taxifahrer Josef S. mit seinem Anwalt auf dem Weg zum Gericht in Bülach ZH.
Foto: Toini Lindroos
Von Viktor Dammann und Katja Imhof

Zerfurchtes Gesicht, gebeugter Rücken. Josef S.* (66) ist der Amok-Taxifahrer von der Flughafenautobahn. Er wirkte gestern vor dem Bezirksgericht Bülach ZH wie ein etwas wunderlicher Grossvater. Als wüsste er gar nicht so recht, weshalb er sich verantworten muss.

Josef S. war mit einem deutschen Automobilisten (31) aneinandergeraten. Der bremste ihn aus und stellte ihn zur Rede. Worauf Josef S. mit dem Mann auf der Motorhaube mit 130 km/h zwei Kilometer weit durch den Abendverkehr über die Autobahn bretterte.

«Das Opfer hatte einen übergrossen Schutzengel», fasst Staatsanwalt Michael Scherrer die «halsbrecherische Fahrt» zusammen. Täxeler Josef S. habe mit dessen Tod rechnen müssen und gehöre darum acht Jahre hinter Gitter.

«Was sagen Sie dazu?», will der Gerichtspräsident wissen.

«Das kann ich nicht akzeptieren», gibt Josef S. zur Antwort. «Ich habe den Deutschen erst bemerkt, als er mich auf der Autobahn ausgebremst hat», schildert er dem Gericht den Hergang aus seiner Sicht. Als der Mann ausgestiegen sei, habe er die Türen verriegelt. «Ich hatte Angst», sagt Josef S. Der Mann habe «so Gesten» mit den Händen gemacht. «Ich habe mich dann entschlossen, weiterzufahren. Doch er stützte sich mit beiden Händen auf das Auto. Dann sprang er auf die Motorhaube», sagt der Taxifahrer weiter.

«Gemäss einem Zeugen sind sie ruckartig auf ihn zugefahren, sodass er auf die Haube springen musste», wirft der Richter ein. «Weshalb haben Sie dann Gas gegeben, statt anzuhalten»?

Josef S.: «Ich war in Panik und wollte zur Polizei.» Richter: «Gemäss Gutachten gaben sie Vollgas.» Antwort S.:«Ich kann mich nicht erinnern.» Richter: «Dann haben Sie brüsk abgebremst? S.: «Ich wollte ihm das Abspringen ermöglichen.»

Dies gelang dem Deutschen – zwei Kilometer weiter bei Tempo 125!

Sven Dogwiler, der Anwalt des Täxelers, plädiert auf eventualvorsätzlichen versuchten Totschlag. Sein Mandant habe in einer entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung gehandelt. Zwei Jahre Gefängnis bedingt seien angemessen.

Das Urteil wird erst am 11. August eröffnet. Zuerst sind nun Gerichtsferien.

*Name der Redaktion bekannt

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