Hochbetrieb in Schweizer Krematorien wegen Grippe
«Wir schieben Zusatzschichten»

In den letzten Wochen sind schweizweit aussergewöhnlich viele Menschen gestorben. Die Mitarbeiter des Krematoriums in Bern haben im Januar so viele Tote eingeäschert wie noch nie zuvor in einem Monat. Schuld daran ist die Grippe.
Publiziert: 16.02.2017 um 16:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 05:22 Uhr
Schneebedeckte Grabfelder: der Friedhof Friedental in Luzern. Im Krematorium im Hintergrund herrscht derzeit Hochbetrieb.
Foto: Sigi Tischler
Georg Nopper

Die Verbrennungsöfen der Schweizer Krematorien laufen auf Hochtouren. «Im Januar hatten wir so viele Einäscherungen wie nie zuvor in einem Monat», sagt Silvana Pletscher von der Bernischen Genossenschaft für Feuerbestattungen zum BLICK.

Über die Anzahl der Kremierungen wird seit 1904 Buch geführt. Im letzten Monat äscherten die Mitarbeiter des Krematoriums in Bern 420 Verstorbene ein. Pletscher: «Wir schieben zurzeit Zusatzschichten.»

«10 bis 15 Prozent mehr als in normalem Januar»

Auch die Kollegen in Zürich müssen teilweise länger arbeiten, wie Sergio Gut, Direktor des städtischen Bevölkerungsamtes, sagt. Während das Krematorium Nordheim im Schnitt der vergangenen Jahre pro Monat etwa 550 Verstorbene aus Zürich und Umgebung einäscherte, waren es im Januar 800.

«Im Januar sind es immer etwas mehr als in anderen Monaten. Aber dieses Jahr waren es schon aussergewöhnlich viele», sagt Gut. «Sicher 10 bis 15 Prozent mehr als in einem normalen Januar.»

Roland Zurkirch, Leiter des Krematoriums Luzern.
Foto: stlf.ch

Ähnlich sieht die Situation in Luzern aus. «Es gibt dieses Jahr sicher mehr Bestattungen als im Vorjahreszeitraum», sagt Brigitte Gander von der städtischen Friedhofverwaltung. Zahlen kann sie noch keine nennen.

Doch Roland Zurkirch, Leiter des Luzerner Krematoriums, hat letzten Monat in seinem Betrieb etwa 300 Einäscherungen durchgeführt. «Das sind etwa zehn Prozent mehr als in anderen Wintermonaten», sagt er.

Übersterblichkeit von bis zu 300

Das Bundesamt für Statistik überwacht laufend die Zahl der Todesfälle in der Schweiz. Auch dort ist der Ansprung aufgefallen: «In den ersten Wochen des Jahres hatten wir eine Übersterblichkeit von 200 bis 300 bei Personen im Alter von 65 Jahren und darüber», sagt Erwin Wüest vom Informationsdienst Gesundheit.

Das heisst: Pro Woche sind bis zu 300 mehr ältere Menschen gestorben als normalerweise in dieser Jahreszeit. Die Situation scheint sich inzwischen etwas zu entschärfen. «Der Trend zeigt derzeit wieder nach unten», sagt Wüest.

Das Virus ist vor allem für ältere Menschen gefährlich

Doch was ist der Grund für diese Häufung von Todesfällen? «Dies ist der aktuellen Grippewelle zuzurechnen», sagt Daniel Dauwalder, Sprecher des Bundesamts für Gesundheit (BAG).

Das in diesem Winter kursierende Grippevirus kann vor allem für ältere, geschwächte Menschen gefährlich sein. «Das H3H2-Virus führt bei älteren Menschen zu mehr Todesfällen als beispielsweise das H1N1-Virus, das 2009 für eine Pandemie sorgte», sagt Daniel Koch, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim BAG.

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