Hirte Titus Zangger (67) hat schon 25 Schafe verloren
Er hat Angst vor dem bösen Wolf

Hirte Titus Zangger hütet auf der Puschlaver Alp Valüglia 500 Tiere. Anfangs Juli fiel der Wolf erstmals über seine Herde her und riss acht Schafe. Bereits eine Woche später zerfleischte der Wolf weitere Schafe.
Publiziert: 05.09.2015 um 16:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:51 Uhr
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Hirte Titus Zangger hütet im Bündner Südtal Puschlav eine Herde von 500 Schafen.
Foto: Yvonne Leonardi
Von Myrte Müller

Der Wolf ist auf dem Vormarsch: Vor rund einer Woche tappt ein Zürcher Wolf in eine Fotofalle. Im Wallis reissen zwei Wölfe 82 Tiere. Im Kanton Uri räubert M58 über 30 Schafe. So viele tötet auch M57 im Puschlav. Die Behörden mahnen die Bauern, auf ihre Herden aufzupassen. Doch das ist gar nicht so einfach.

25 der von M57 getöteten Schafe gehörten zur Herde von Titus Zangger (67). Auf der Puschlaver Alp Valüglia hütet er 500 Tiere. Doch der Alpfrieden ist dahin, Zangger entdeckte immer wieder Schafskadaver. «Manche waren angefressen. Andere hatte der Wolf an den Hinterläufen gepackt, wiederum andere wurden über den Hang gehetzt und stürzten zu Tode. Sogar mein Lieblingslamm war dabei», sagt Titus Zangger.

Zangger besitzt einen extra für ihn angefertigten Hirtenstock. «Er hat eine scharfkantige Eisenspitze», erklärt der gelernte Kaufmann. «Wenn der Wolf zu nahe kommt, dann steche ich einfach zu. Ein Gewehr darf ich ja nicht benutzen.»

Anfang Juli fiel der Wolf erstmals über seine Herde her. «Ich war von der Alp zur Hütte abgestiegen. Am Morgen sah ich eine Gruppe Schafe am Tor. Ihre Augen waren voller Angst. Sie suchten Zuflucht bei mir.» Zangger steigt zur Alp auf. «Da sah ich das Desaster: acht tote Schafe, verteilt über das ganze Gebiet.»

Eine Woche später, am 15. Juli, findet Titus Zangger ein zerfleischtes vier Monate altes Lamm. Dem Muttertier hatte der Wolf in die Schnauze gebissen. Wenig später erneute Risse. Diesmal zwei Lämmer und ein Muttertier. «Wenn du das siehst, kocht die Wut in dir hoch. Mir kamen die Tränen. Ich kenne die Tiere. Man hegt und pflegt sie ja nicht, damit der Wolf sie frisst.»

M57 ist ein alter Bekannter. 2015 gehen zehn Weidetiere im Tessiner Malvagliatal auf sein Konto. Dann zog er weiter – bis ins bündnerische Puschlav. Seit Wochen treibt Zangger seine Herde abends in einen Pferch. «Eine Sauarbeit. Und eine Tierquälerei. Die Schafe bekommen nicht genug zu fressen, weil sie zu früh von der Weide müssen.» Titus Zangger sieht nur eine Lösung: «Richten die Räuber zu viel Schaden an, müssen sie erlegt werden, sonst wird hier niemand mehr Tiere hüten.»

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