Hilfswerk-Kampagne ist Bauernfängerei
Bio-Lebensmittel helfen nicht gegen Klimakatastrophe

Dass Biolebensmittel gesünder seien als solche aus konventioneller Produktion, wagt heute nicht einmal mehr das Biolager pauschal zu behaupten. Dafür wird «Bio» nun in einem anderen Kampf eingespannt: im Kampf gegen den Klimawandel. Biolandbau rette Gletscher, glaubt das Hilfswerk Swissaid.
Publiziert: 13.12.2015 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:15 Uhr
Irreführende Kampagne des Hilfswerks Swissaid: Biolandbau hat keine Klimavorteile.
Von Guido Schätti

O-Ton der aktuellen Swissaid-Werbekampagne: «Eine Biobäuerin erzeugt nur halb so viel CO2 wie ein konventioneller Bauer. Weniger CO2 heisst weniger Klimaerwärmung. Und weniger Klimaerwärmung heisst: Der Aletschgletscher schmilzt langsamer.» Gleich darunter blinkt ein Button zum Spenden: «Ich möchte den Aletschgletscher mit meiner Spende retten.»

Ja, wer möchte das nicht? Doch die Kampagne ist Bauernfängerei. Wissenschaftlich sind die Behauptungen nicht gestützt. «Bioprodukte sind weder generell günstiger noch generell ungünstiger für das Klima», sagt Thomas Nemecek (53), Leiter Ökobilanzen beim Forschungsinstitut Agroscope.

Der Tenor der Studien ist meist derselbe: Weil sie mit weniger Energie und ohne Kunstdünger auskommen, produzieren Biobetriebe zwar tatsächlich weniger klimaschädliche Gase. Doch gleichzeitig sind die Erträge tiefer und der Landverbrauch grösser. Dadurch gleicht sich die Klimabilanz wieder aus – oder kippt sogar ins Negative. Dies gilt besonders für die Fleischproduktion: «Beim Schweizer Biorind- und Biogeflügelfleisch ist die Klimawirkung grösser als bei der Standardproduktion», sagt Nemecek. Im Pflanzenbau schneidet Bio mit Ausnahme von Kartoffeln eher besser ab. Bei der Milchproduktion fand Nemecek keine eindeutigen Unterschiede.

Die Studien zeigen auch, dass Biolandbau in anderen Bereichen Vorteile hat: Die Artenvielfalt ist grösser, das Tierwohl besser geschützt, die Gefahr von Vergiftungen geringer. Die Apologeten des Biolandbaus führen zudem die angeblich höhere Kohlenstoff-Bindung im Boden ins Feld – unabhängige Studien sind aber Mangelware.

Unbestritten ist auch, dass die Landwirtschaft enormen Einfluss hat: 30 Prozent der klimaschädlichen Gase gehen auf ihr Konto. Klimakiller Nummer eins sind Wiederkäuer wie Kühe, Rinder oder Schafe. Die Hochseefischerei hat eine ähnlich miserable Klimabilanz. Huhn und Schwein schneiden besser ab, ebenso Milchprodukte. Lokal produzierte Gemüse und Früchte sind unbedenklich. Wer das Klima retten will, muss also nicht bio essen, sondern vegetarisch. «Bei der Fleischproduktion fallen pro Kalorie viel mehr klimaschädliche Gase an als im Pflanzenbau», so Nemecek.

Gänzlich zum Vegetarier oder Veganer muss trotzdem niemand werden. Denn zwei Drittel der weltweiten Landwirtschaftsfläche bestehen aus Grasland, das sich nur zur Milch- und Fleischwirtschaft eignet. Ohne Tiere bliebe diese Fläche ungenutzt – und die Menschheit hätte ein noch grösseres Ernährungsproblem.

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