Viele Bergbahnen in der Schweiz kämpfen ums Überleben. Sie können anstehende Investitionen nicht mit eigenen Mitteln finanzieren. Immer häufiger springt deshalb die öffentliche Hand ein. Aktuelle Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigen: Seit 2008 hat der Bund im Rahmen der Neuen Regionalpolitik 73,6 Millionen Franken zinslose Darlehen für Bergbahnprojekte gesprochen.
«Auf jeden Franken des Bundes», erklärt ein Seco-Sprecher, «werden seitens der Kantone und Dritten vier weitere Franken investiert.» Insgesamt rund 368 Millionen Franken an öffentlichen Geldern wurden innerhalb von acht Jahren in Schweizer Bergbahnen gepumpt. 90 Prozent dieser Darlehen flossen in Projekte in den Kantonen Wallis, Graubünden, Schwyz, Bern und Nidwalden.
Die beiden Ökonomen Philipp Lütolf und Christoph Lengwiler von der Hochschule Luzern haben mit einer Studie zur Finanzsituation der Bergbahnen Brisantes entdeckt. Sie zeigt nicht nur die schwierige finanzielle Situation, in der viele Bergbahnen stecken, sondern auch, wie stark die Unterstützung der öffentlichen Hand für die Bahnen in den letzten Jahren zugenommen hat.
Kleine und mittlere Bahnen profitieren
So werden inzwischen 26 Prozent aller Kredite für Schweizer Bergbahnen durch die öffentliche Hand mitfinanziert. 2005 stammten erst 17 Prozent des Kreditvolumens von Bund, Kantonen oder Gemeinden. «Es sind vor allem kleine und mittlere Bahnen, die in den Genuss von zinslosen Darlehen kommen. Grosse Betriebe wie Zermatt, Davos oder etwa die Titlisbahnen können sich ohne Hilfe der öffentlichen Hand finanzieren», erklärt Studienverfasser Lütolf.
Seine Arbeit zeigt auch auf: Zwei Drittel der benötigten Mittel werden durch Bankkredite finanziert – und hier sind die Kantonalbanken mit 58 Prozent führend bei der Vergabe neuer Mittel. Gehen die Bahnen in Konkurs – wie aktuell etwa die Torrentbahnen bei Leukerbad VS –sind die Darlehen der öffentlichen Hand und auch die Kredite der Kantonalbank futsch. Zulasten der Steuerzahler. Für Lütolf machen deshalb die grosszügigen Staatsbeiträge für Bergbahnen in finanziellen Schwierigkeiten «aus gesamtwirtschaftlicher Sicht keinen Sinn, da sie zu einer Wettbewerbsverzerrung führen».
Aber aus regionalpolitischer Sicht seien die Beiträge der öffentlichen Hand vertretbar. «Denn in vielen Fällen wäre der gesamtwirtschaftliche Schaden bei einem Konkurs der Bergbahn für die Region hoch. Und da sind die eingesetzten staatlichen Mittel zur Stützung der Bergbahnen gut eingesetztes Geld für die regionale Wirtschaft und Bevölkerung.»
Konkret vergab der Bund in den letzten Jahren zum Beispiel einen Kredit zum Neubau eines 7,2-Millionen-Franken-teuren Sechser-Sessellifts in Splügen GR. Bundesgelder flossen auch in das Projekt für eine neue Verbindungsbahn zwischen den Skigebieten von Zinal VS und Grimentz VS. Eine neue Gondelbahn von der Stöckalp auf Melchsee Frutt OW wurde mit einem Zwei-Millionen-Kredit gefördert.
Wettbewerbsverzerrung
Grosse Gebiete wie Zermatt VS sind wegen ihres wirtschaftlichen Erfolgs von der Vergabe zinsloser Darlehen ausgeschlossen. Markus Hasler (57), Geschäftsführer der Zermatt Bergbahnen, versteht zwar, dass man gewisse Bahnen wegen ihrer regionalen wirtschaftlichen Bedeutung unterstützt. Nur: «Wenn schon, dann sollten alle Bahnen von Vorzugskonditionen profitieren. Wir stehen im Wettbewerb mit Frankreich oder Österreich.» Gleichzeitig fördere der Bund den Ausbau von neuen Skigebieten wie Andermatt. «Diese Rechnung geht am Ende nicht auf.»