In der Schweiz werden rund 130‘000 Kinder von ihren Eltern körperlich gezüchtigt. Jedes vierte Kind ist von seelischer Gewalt betroffen. Das zeigt eine Studie der Universität Freiburg aus dem Jahr 2020. Durchgeführt wurde sie im Auftrag der Stiftung Kinderschutz Schweiz. Obwohl das Züchtigungsrecht im Zivilgesetzbuch gestrichen wurde, erhalten Eltern, die ihre Kinder verletzen nur selten eine Strafe. Martina Frehner, Familien- und Strafrechtsanwältin, erklärt: «Das Bundesgericht war in der Vergangenheit der Ansicht, dass solche Eltern nicht zu bestrafen seien, da ihr Handeln durch das elterliche Züchtigungsrecht gerechtfertigt sei.» Mittlerweile komme man von diesem Kurs etwas ab.
Kampagne spricht Kinder an
Die Stiftung Elternsein als Herausgeberin des Schweizer Elternmagazins «Fritz+Fränzi» macht auf das Thema aufmerksam. Sie lanciert heute eine Sensibilisierungskampagne gegen Gewalt an Kindern. Dafür holt sie sich Unterstützung. Die vier Schweizer Tiktok-Stars Noemi Nikita (19), Kris Grippo (19), Tugce Demir (25) und Brian Havarie (22) sprechen die gewünschte Zielgruppe direkt an. Zusammen haben sie auf der App Tiktok eine Abonnentenzahl von über 20 Millionen Menschen. Ein Grossteil davon sind Kinder. Und genau die möchten die Internetstars heute mit einem unüblichen Schminktutorial erreichen. Sie zeigen ihnen, wie man ein blaues Auge überschminkt. Sie möchten die Kids aber nicht dazu anregen ihre Verletzungen zu verstecken. Im Gegenteil. Die Message lautet: Versteck dich nicht, sprich darüber!
Influencerin setzt sich ein
Für Noemi Nikita ist die Sensibilisierungskampagne etwas Besonderes. Die Bernerin hat auf ihrem Tiktok-Kanal rund 13 Millionen Follower und macht vor allem Make-up- und Lifestylevideos. Teil von so einem Projekt war sie noch nie. Gewalt an Kindern komme weder in ihrer Familie noch in ihrem nahen Umfeld vor. Trotzdem war für die Influencerin sofort klar, dass sie bei der Kampagne mitmacht: «Diese hohe Gewaltbereitschaft bei der Kindererziehung hat mich schockiert. Deshalb wollte ich meine junge Community dazu ermutigen, sich nicht zu verstecken, sondern über elterliche Gewalt zu reden, damit sich die Situation verbessert.» Sie findet es generell wichtig, als Influencerin auf solche Themen aufmerksam zu machen, erzählt sie im Gespräch mit Blick.
Mit ihrer Teilnahme will sie einiges bewirken: « Ich hoffe, dass Kinder anfangen mit Vertrauenspersonen, wie beispielsweise Lehrer und Lehrerinnen, darüber zu sprechen.»
Hier finden betroffene Kinder Hilfe: Pro Juventute 147 – Telefonhilfe für Kinder und Jugendliche, tschau.ch und onlineopferberatung.ch