Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Auf der einen Seite: Wiesenhof, grösster Geflügelproduzent Deutschlands, zwei Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Auf der anderen: Natur Konkret, tierfreundlicher Schweizer Fleischproduzent mit 1,5 Millionen Franken Umsatz.
Zankapfel ist der Bodensee-Wiesengüggel, das jüngste Produkt von Natur Konkret. Güggeli-Gigant Wiesenhof stört sich am «Wiese» im Namen. Es bestehe Verwechslungsgefahr mit ihren Produkten, schreibt die deutsche Firma am 10. Juni Guido Leutenegger (57), dem Besitzer von Natur Konkret. Der Anwalt von Wiesenhof droht, beim Schweizerischen Institut für Geistiges Eigentum einen Widerspruch gegen die Eintragung der Marke zu veranlassen.
Warum Wiesenhof das macht, ist nicht leicht nachvollziehbar. In der Schweiz haben Massentierhalter keinen grossen Markt. Coop, Migros und Denner verbannten 2011 alle Produkte von Wiesenhof aus dem Sortiment, als das Deutsche Fernsehen über dessen umstrittene Tierhaltung berichtete. Die Situation hat sich nicht verändert. Denner, Coop und Migros verzichten weiterhin auf die Produkte.
Entsprechend ärgert sich Guido Leutenegger über die Drohungen. Bei seiner Firma steht das Wohl der Tiere zuoberst. Die Hühner leben auf Wiesen und Alpweiden in Gruppen von 80 Tieren in mobilen Ställen. Pro Jahr kommen bloss 2500 Wiesengüggel auf den Markt.
Anders die Haltung beim deutschen Poulet-Riesen: «Die Hühner von Wiesenhof werden industriell gehalten und können von einer Wiese nur träumen», sagt Guido Leutenegger. Und: «Der Markenname sollte ein Minimum an Wahrheitsgehalt erfüllen.»
Die 4,8 Millionen Hühner, die Wiesenhof pro Woche schlachtet, sehen in der Tat nie eine Wiese. Wie der Firmenchef im Interview mit dem «Spiegel» bestätigte, hat die Firma Weidehähnchen und Biohühner aufgegeben. Die Vögel wachsen zu Zehntausenden in riesigen Hallen auf künstlichem Boden auf.
Leutenegger ist bereit, bis vor das Bundesverwaltungsgericht zu gehen: «Ich lasse mir meine Wiesengüggeli nicht verbieten.»
Am Montag erhielt er von den Anwälten der Firma den bislang letzten Brief. Er wird aufgefordert, bis zum 30. Juni die Bezeichnung «Wiesengüggel» zurückzuziehen.
Gestern bittet BLICK Wiesenhof um eine Stellungnahme zum Fall. Daraufhin zeigt das Unternehmen plötzlich einen Sinneswandel: Eine Sprecherin antwortet am Abend, man werde «definitiv keinen Widerspruch einlegen und keine weiteren Schritte einleiten».
Wie ernst es Wiesenhof damit ist, muss sich noch zeigen. Guido Leutenegger wusste bis gestern Abend nichts von der Entwarnung.
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