In Horw LU verzweifelt Architekt und Investor Patrick Müller an unzähligen Nachbarn, die wahllos Einsprachen gegen sein Bauprojekt in einem Villenviertel einlegen und ihn mit dreisten Forderungen erpressen. Um die Einsprachen aus der Welt zu schaffen, hat er über eine halbe Million Franken bezahlt.
Ein Problem, das auch die Halter AG in Neuhausen am Rheinfall SH kennt. Seit sechs Jahren wartet sie darauf, zwei Hochhäuser im Ortszentrum bauen zu können. Eine Interessengemeinschaft (IG) verzögert den Baustart seit Jahren mit Einsprachen und Rekursen. Und das, obwohl sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Neuhauser hatten einer Zonenplanänderung, die Hochhäuser an den Ort möglich machen soll, 2013 an der Urne zugestimmt.
Angst vor Schatten und Verlust der Aussicht
Demokratie hin oder her – die IG möchte jedes Rechtsmittel ergreifen, das sich ihr bietet. Kopf der IG: Grünen-Kantonsrat Roland Müller (62). «Wenn nötig ziehen wir bis vors Bundesgericht, um die Hochhäuser zu verhindern», sagt er.
Aber warum? Das Hochhaus-Projekt wirkt aus ökologischer Sicht beispielhaft. Die je 70 und 50 Meter hohen Häuser sollen auf dem Areal einer alten Aluminiumfabrik gebaut werden. Dafür müssen keine neuen Wiesen überbaut werden. Zudem wird das riesige Grundstück von Umweltgiften aus der früheren Alu-Produktion befreit.
Aber: «Viele Einfamilienhaus-Besitzer stehen Stunden am Tag im Schatten dieser Türme, das ist nicht zumutbar», findet Grünen-Politiker Müller. Auch verschandeln die Türme seiner Ansicht nach das Wahrzeichen des Kantons – den Rheinfall.
Stadt ändert ständig die Spielregeln
Verkehrte Welt indes in Romanshorn TG. Dort sind es nicht die Nachbarn oder eine IG, die einem Bauunternehmer Steine in den Weg legen. Hier ist die Stadt gleich selbst die grosse Verhinderin.
Thomas Maron (61) wartet seit neun Jahren auf eine Baubewilligung. Er will auf dem Grundstück seiner Firma im Romanshorner Zentrum eine alte Fabrik abreissen und ein Wohn- und Gewerbehaus errichten.
Begonnen hat Marons Kampf für das Projekt 2010. Damals verlangte die Stadt von ihm drei verschiedene Projekte. «Das geht ins Geld, weil wir einen Architekten mit viel mehr Arbeit beauftragen mussten», sagt Maron.
Der Stadtrat entschied sich zwar für eines der drei Projekte, doch als die Maron AG die Baueingabe machen wollte, verwehrte die Stadt die Baubewilligung. Plötzlich fehlte diesem Projekt die «Substanz und Qualität». Die Maron AG rekurrierte und bekam recht.
Kritik am Projekt und Wunsch nach Wegrecht
Nur: Bauen konnte Maron trotzdem nicht. Denn nun forderte die Stadt ein Wegrecht quer über sein Grundstück. «Wir wären einverstanden gewesen, wenn der geforderte Weg nur zur Hälfte auf unserem Grundstück verlaufen wäre», sagt Maron.
Doch die Stadt wollte den Weg zu 100 Prozent zu seinen Lasten umsetzen. Maron rekurrierte abermals und bekam auch diesmal beim kantonalen Baudepartement recht.
Endlich Baustart? Mitnichten! 2017 änderte der Stadtrat die Regeln erneut. So legte er über die gesamte Innenstadt eine Planungszone und verbot damit Maron den Baubeginn einmal mehr. Grund: Für die Entwicklung der Innenstadt brauche es eine Gesamtplanung. Einzelne Bauprojekte dürften dieser nicht vorgreifen. Die Maron AG rekurrierte zum dritten Mal – die Chancen auf Erfolg standen gut.
Schaden: 100'000 Franken
Das wusste wohl auch die Stadt und widerrief den Entscheid, die Baubewilligung ein drittes Mal abzulehnen.
Maron wird nun ein neues Baugesuch einreichen. Darin will er unter anderem zusätzlich Rücksicht nehmen auf die Erschliessung einer geplanten Tiefgarage auf der Nachbarliegenschaft.
«Jetzt hoffen wir schwer, dass wir endlich bauen dürfen», sagt Thomas Maron. Immerhin, die Signale der Stadt machen nun Hoffnung: «Aus Sicht der Bauverwaltung entspricht das Projekt nun allen technischen Normen und baurechtlichen Vorgaben.»
Der Schaden ist für Maron aber bereits angerichtet: Das Hin und Her verursachte ihm bislang über 100'000 Franken Mehrkosten.