Wirt Donato Salis (56) aus Bondo GR
«Ich war der Erste, der zurück ins Dorf zog»

Ein Jahr nach dem fatalen Bergsturz hat BLICK die Bewohner von Bondo besucht. Auch Donato Salis, Wirt der Osteria, hofft nach wie vor auf ein Stück Normalität.
Publiziert: 22.08.2018 um 15:24 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:39 Uhr
Wirt Donato Salis traut dem Piz Cengalo nicht
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Ein Jahr nach dem Bergsturz in Bondo GR:Wirt Donato Salis traut dem Piz Cengalo nicht
Myrte Müller

An der Piazza von Bondo GR scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Das Wasser plätschert im alten Steinbrunnen. Ein blonder Bub spielt mit dem Ball. Der Kirchturm wirft seinen langen Schatten über das Kopfsteinpflaster. Und aus der Osteria duftet es nach frischem Espresso. Leicht vergilbte Ansichtskarten sieht man hinter dem Glas der Auslage am Eingang des alten Wirtshauses. Darauf ist das Bondascatal noch grün, der Piz Cengalo noch von einladender, sonniger Schönheit.

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Wirt Donato Salis (56) steht in der prächtigen Eingangstür seiner jahrhundertealten Osteria.
Foto: Fotoswiss.com

Donato Salis (56) ist Besitzer der Dorfbeiz. Er weiss, die Idylle bei seiner Osteria ist zerbrechlich. Denn der Cengalo ist nicht nur malerisch schön. Er hat auch eine dunkle Seite. Die zeigt der 3369 Meter hohe Berg am 23. August 2017. «Der Tag begann wie üblich», erinnert sich Salis, «gegen 9 Uhr fuhr ich nach Castasegna GR, um Waren abzuholen. Kurze Zeit später rief mich meine Mitarbeiterin an und sagt: Der Berg kommt runter!»

«Der Ort glich einem Geisterdorf»

Donato Salis zögert nicht lange. «Schliess das Lokal und nichts wie weg», sagt er seiner Angestellten. Dann macht er sich sofort auf dem Heimweg. «Als ich ankam, war schon alles abgesperrt. Niemand durfte mehr ins Dorf.» Erst tags darauf darf der Wirt nach dem Rechten schauen. Die Osteria war nicht beschädigt. «Aber alle Dorfbewohner waren weg. Man sah nur noch Zivilschutz und Polizei. Der Ort glich einem Geisterdorf. Das war schon traurig», erzählt der Wirt weiter.

Donato Salis darf nicht bleiben. Es drohen weitere gefährliche Murgänge. «Ich musste mir ein neues Quartier suchen», erzählt der Bergeller weiter. Erst am 14. Oktober 2017 kann er wieder seine Beiz eröffnen. «Ich und ein Nachbar waren die Ersten, die zurück nach Bondo zogen.»

Aufgeben will Donato Salis auf keinen Fall

Seit dem Bergsturz ist nun ein Jahr vergangen. Donato stellt die Stühle raus. Touristen schauen neugierig in den Schankraum. Dorfbewohner kommen auf ein Schwätzchen vorbei. Wie früher. Fast. «Es soll ja wieder einen Bergsturz geben», sagt Donato Salis. Angst? Nein, die habe er nicht. «Es ist nur so ein komisches Gefühl. Ich kann es nicht beschreiben. Ich lebe halt damit, jederzeit meine Osteria wieder verlassen zu müssen.»

Aufgeben und wegziehen, das kommt für den Wirten nicht in Frage. «Meine Eltern hatten die Beiz übernommen. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Die Osteria, die Piazza und das Dorf sind meine Heimat.» Und die lässt Donato Salis sich nicht vom Cengalo nehmen.

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