Weil sie hungrige Hirsche fütterten
Busse für Bauern mit Herz

Im Kanton Graubünden leiden die Wildtiere unter der meterdicken Schneeschicht. Immer wieder dringen Hirsche nun in Ställe, um Heu zu fressen. Bauern, die das zugelassen haben, bekommen nun Ärger.
Publiziert: 08.02.2018 um 09:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 18:30 Uhr
Hirsch frisst Heu in einem Bauernhof
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Nun soll das Wildtier getötet werden:Hirsch frisst Heu in einem Bauernhof
Flavio Razzino

Meterhoch türmt sich der Schnee in den Bergen. Wildtiere wie Rehe und Hirsche können noch lange mit den Hufen scharren – Futter finden sie bei diesen Bedingungen kaum noch. Der qualvolle Hungertod droht. Der Kanton Graubünden hat darum für die Gebiete um Davos und Samnaun eine Notfütterung angeordnet. Nicht aber in Klosters, wo noch mehr Schnee liegt.

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Busse für Bauern mit Herz! Hungrige Hirsche suchen Bauernhöfe auf. Nur: Füttern die Bauern die Tiere, kriegen sie eine Busse oder ihr Hof wird wegen Tuberkulose unter Quarantäne gesetzt.
Foto: Leservideo

Dort dringen Hirsche nun häufig in bewohntes Gebiet. Sie suchen vor allem Bauernhöfe auf, weil sie das Heu riechen. Nun macht ein Video aus Klosters die Runde, in dem ein Hirsch bei vollem Licht in einem Stall steht und Heu frisst.

Diese Fütterung war illegal

Der Bauer mit Herz für das Wildtier filmte die Szene und kann kaum glauben, was er sieht. Bloss: Was danach geschieht, noch weniger. Denn der Kanton unterstellt ihm, er habe das Wildtier angelockt und gefüttert. Weil hier keine Notfütterung angeordnet wurde, ist das illegal. Der Hof wird unter Quarantäne gestellt – für den Bauern eine Katastrophe.

Offizielle Begründung: Der Hirsch könnte die Kühe mit Tuberkulose angesteckt haben. Hinter der Hand sagen aber Bauern zu BLICK, dass ein Exempel statuiert werden sollte. Auch wer wegen Mitleid gegen das Gesetz verstösst, soll leiden.

Das macht Marion Theus wütend. «Wie man mit diesem Bauern umgeht, ist ein Skandal sondergleichen», sagt die Präsidentin des Vereins Wildtierschutz Schweiz. «Der Hirsch hat sich nur wegen extremem Hunger durch die schmale Stalltüre an das Futter gewagt  – ein klarer Hilfeschrei!»

Hirsch soll erschossen werden

Andere Bauern berichten BLICK ebenfalls, dass sie wegen Fütterungen Bussenandrohungen bekommen haben. Dies, weil Hirsche in ihrer Not auf ihre Höfe vorgedrungen sind. Hinstehen möchte aber niemand – zu gross ist die Angst, dass sie dann noch grössere Probleme bekommen.

Der Hirsch, der vor der Handykamera des Bauers in Klosters gefressen hat, soll nun sterben, um die Ausbreitung von Tuberkulose zu verhindern, wie es beim Amt für Jagd und Fischerei heisst. «Alles andere wäre fahrlässig», sagt Amtsvorsteher Adrian Arquint.

Für Theus ist das unlogisch. «Im Sommer fressen Hirsche und Kühe ja auch zusammen auf der Alp – wieso soll das im Winter plötzlich so gefährlich sein?» Arquint sagt aber, dass sich im Winter Hirsche aus anderen Risikogebieten in Graubünden aufhielten. Etwa aus dem österreichischen Vorarlberg, wo die Tuberkulose ein grosses Problem darstelle.

Für Theus ist das unlogisch. «Mit dieser Panikmache soll doch nur erreicht werden, dass noch mehr Tiere geschossen werden dürfen», ist sie sich sicher.

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